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Berlin: Velvet Lounge

Nehmen wir an, der drinking man würde mit verbundenen Augen in eine Bar geführt. Und er bekäme einen Frozen Ananas Daiquiri mit ungewöhnlich viel Schaum und einer sparsamen Dosis Rum serviert.

Von Frank Jansen

Nehmen wir an, der drinking man würde mit verbundenen Augen in eine Bar geführt. Und er bekäme einen Frozen Ananas Daiquiri mit ungewöhnlich viel Schaum und einer sparsamen Dosis Rum serviert. Nach den ersten Schlucken würde eine ernste Stimme fragen, „in welcher Art Bar wird ein Frozen Ananas Daiquiri so angenehm schaumig und leberschonend angeboten?“ Die Antwort käme vermutlich prompt. „Ich bin im Hotel“, würde der drinking man murmeln und ein wenig seufzen. Wie er es kürzlich tat, als tatsächlich ein üppigschaumiger Frozen Ananas Daiquiri vor ihm auf dem Tisch in der Velvet Lounge stand. Die sich das „Arcotel Velvet“ in der Oranienburger Straße leistet, gleich neben dem mit dem Hotel assoziierten Restaurant „Lutter & Wegner“. Aber halt: bevor sich nun die Fans des elegant drinking stöhnend abwenden, weil sie in Berliner Hotelbars fast immer nur leiden, sei verkündet: Die samtene Lounge ist nicht so. Ein verschäumter Daiquiri kann trügen.

Die Trinkstätte des sich selbst „Designhotel“ nennenden Hauses ist mit Gespür für Stil eingerichtet worden. Es herrscht eleganter Minimalismus: Ein unauffälliger Tresen mit eckigem Footrail, eine teilweise verspiegelte Tresenrückwand mit abgerundeten Ecken – das Ganze wirkt fast wie ein Eisenbahnabteil. Das Publikum sitzt in dunkelroten Clubsesseln und blickt durch die im Sommer geöffneten Fenstertüren auf die Flaneure – oder nach hinten auf ein Endlosvideo, das an die Wand projiziert wird. Zu sehen sind Straßenszenen aus New York, allerdings im Zeitraffer. Autolichter mutieren zu hektisch zuckenden, roten Schlieren. Dazu erschallt, in gemäßigter Lautstärke, der übliche Club-Culture-Sound.

Das Personal ist überaus fürsorglich. Über einigen grauen Schalensitzstühlen, die auf dem Trottoir aufgestellt sind, hingen weiße Flauschdecken – damit auch zu später Stunde kein Gast frösteln muss. Der Keeper und seine junge Kollegin bedienten außerdem sehr höflich und beantworteten alle Fragen ohne jede Spur von Arroganz. Dieser Service wäre manchen Berliner Bars als, sagen wir, Orientierungshilfe zu empfehlen.

Die Drinks in der Velvet Lounge könnten allerdings noch verfeinert werden. Neben dem überschäumigen Daiquiri vermochte auch der von der compañera bestellte Ananas Margarita nicht so ganz zu überzeugen. Die dem Daiquiri mangelnde Alkoholdosis war dem Margarita offenbar gleich dreifach gegönnt worden. Die compañera schmeckte fast nur noch Tequila und praktisch keine Ananas. Doch dann kam der Hector Lorenzo (Bourbon Four Roses, Southern Comfort, Lime Juice, Grenadine, Orangensaft, Zitronensaft). Superb. Bei diesem Cocktail hätte der drinking man mit verbundenen Augen garantiert nicht auf eine Hotelbar getippt.

Velvet Lounge, im Arcotel Velvet, Oranienburger Straße 52, Mitte, Tel.: 2787530, täglich von 14 Uhr bis 3 Uhr.

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