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Berlin: Verbotene Liebe

Lehrer wegen Verhältnis mit Schülerin vor Gericht

Viele Schülerinnen schwärmten für den graubärtigen Studienrat mit der angenehm tiefen Stimme, der den Computerraum einer Neuköllner Schule betreute. Auch Sandra machte ihm schöne Augen. Da war sie 14 Jahre alt. Der 36 Jahre ältere Lehrer richtete ihr eine EMail-Adresse ein und schrieb ihr. „Ich umarme dich herzlich“, stand bald unter seinen Texten. Sie wurde seine Geliebte. „Ich war hin und weg“, erinnerte sich Sandra gestern im Prozess gegen den Pädagogen.

Der inzwischen vom Dienst suspendierte Lehrer soll 2001 und 2002 über 150 Mal mit dem Mädchen intim gewesen sein. Er traf sich mit ihr laut Anklage heimlich in einem Studentenwohnheim, fuhr mehrfach mit ihr nach Paris und Montpellier in Frankreich. Für die Reisen sei die allein erziehende Mutter belogen worden.

Während der Studienrat zum Vorwurf des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen schwieg, sprach Sandra L. (Name geändert) offen über die Beziehung. „Er war alles für mich, er war für mich der Guru, ich war regelrecht abhängig“, meinte die inzwischen 18-jährige Gymnasiastin. Mit der Mutter sei sie damals nicht klargekommen. Der Lehrer habe ihr jeden Wunsch erfüllt. Von ihm habe sie sich ernst genommen gefühlt. „Heute weiß ich, dass ich Sicherheit, Liebe, Halt und einen Vater suchte.“

Sandra sagte, der Angeklagte habe Bedenken gegen die Beziehung mit einer kurzen Bemerkung abgetan: „Von Normen soll man sich nicht in seinem Lebensglück aufhalten lassen.“ Als sie merkte, dass sie nicht die einzige Frau in seinem Leben war, habe sie sich getrennt und einer Lehrerin offenbart. Sie ist noch heute in einer Therapie. Im Nachhinein sei die Beziehung ein Albtraum, sagte sie. „Ich hätte mich bestimmt anders entwickelt.“

Schweigend hörte der heute 53-Jährige zu. Seine beiden Anwälte sagten, ihr Mandant habe sich nichts zu Schulden kommen lassen. Er habe Sandra nicht unterrichtet, sie sei ihm nicht „zur Erziehung anvertraut“ gewesen. Sex mit einer 14-Jährigen sei nicht mehr strafbar. Der Prozess wird am Freitag fortgesetzt. K. G.

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