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Berlin: Verdacht der Freiheitsberaubung: Chefermittler im Visier der Staatsanwaltschaft

Berlins oberster Ermittler gegen die organisierte Kriminalität ist jetzt selbst ins Fadenkreuz der Staatsanwälte geraten. Dem Leitenden Kriminaldirektor Uwe Schmidt wird Freiheitsberaubung vorgeworfen.

Berlins oberster Ermittler gegen die organisierte Kriminalität ist jetzt selbst ins Fadenkreuz der Staatsanwälte geraten. Dem Leitenden Kriminaldirektor Uwe Schmidt wird Freiheitsberaubung vorgeworfen. Die Anklageschrift gegen ihn sei bereits fertig, hieß es aus Justizkreisen. Schmidt wird vorgeworfen, dass auf seine Veranlassung hin zwei Unschuldige unnötig lang in einer Zelle auf die - nicht notwendige - erkennungsdienstliche Behandlung warten mussten. Der Wiesbadener Anwalt dieser beiden "Polizeiopfer" erstattete Anzeige gegen Schmidt und einen seiner Mitarbeiter. Beide weisen die Anschuldigungen zurück.

Hintergrund der staatsanwaltschaftlichen Aktivitäten war ein von Schmidt und seiner Dienststelle für Organisierte Kriminalität (OK) geführtes Ermittlungsverfahren gegen Ahmad Mohammed wegen einer falschen eidesstattlichen Versicherung. Mohammed wurde auf Anweisung von Uwe Schmidt festgenommen, und als die eingesetzten Beamten nachfragten, ob dessen Begleiter - der Fahrer von Mohammed und dessen türkischstämmiger Lebensgefährtin - ebenfalls Beschuldigte seien oder lediglich Zeugen, habe der Abteilungsleiter veranlasst, sie ebenfalls wie Beschuldigte zu behandeln. Schmidt zufolge war der Fahrer der Polizei aus der Türsteherszene bekannt.

Mohammed trat Anfang der 90er Jahre mit einem privaten Sicherheitsunternehmen ans Licht der Öffentlichkeit und versprach damals, die Hütchenspieler am Kudamm zu vertreiben. Von Beginn an war die schillernde Figur der Polizei ein Dorn im Auge. Immer wieder gerieten er und seine Mitarbeiter unter anderem wegen des Verdachts der Körperverletzung mit den Ordnungshütern in Konflikt. Beweisen konnte man dem aus dem Libanon stammenden Kampfsportler allerdings nichts. Inzwischen ist Mohammed hauptsächlich als Bodyguard für Prominente wie Claudia Schiffer, Steffi Graf oder Kevin Costner tätig.

Zwei Jahre arbeitete der Staatsanwalt an diesem Fall. Die Ermittlungen dauerten deshalb so lange, weil der zuständige Staatsanwalt fast alle Vernehmungen selbst machte und nichts der Polizei überließ. "Polizeibeamte belasten ungern ihre Vorgesetzten, daher war es in diesem Fall besonders schwierig", sagte Generalstaatsanwalt Hansjürgen Karge. Hauptbelastungszeugen gegen Schmidt sind nach vorliegenden Informationen zwei seiner Untergebenen. Dieser vermutet in der gegen ihn gerichteten Aktivität auch Vergeltung der Staatsanwaltschaft, die sich in der Vergangenheit über verschiedene Alleingänge des als stur und kompromisslos geltenden Schmidt geärgert habe. Schmidt gibt zu, dass er Ärger mit einem Staatsanwalt hatte, als er eine lange zurückliegende, aber damals unaufschiebbare Durchsuchung nach dem Polizeirecht (ASOG) vornahm, der Staatsanwalt aber darauf beharrte, sie hätte nach dem Strafgesetzbuch und somit mit richterlichem Durchsuchungsbeschluss erfolgen müssen. Schmidt sagt, dass bei akut vorliegenden Gefahren Durchsuchungen auch ohne Richterbeschluss vorgenommen werden. Dies habe aber bei dem Schmidt vorgeworfenen Fall nicht vorgelegen, ist die Auffassung der Staatsanwaltschaft. Schmidt sieht das allerdings ganz anders.

Die Behördenspitze befürchtet bei dem Verfahren gegen Schmidt nicht nur, dass es möglicherweise den Kopf eines verdienten Kriminalbeamten kosten könnte, sondern auch, dass damit die ohnehin schwindende Autorität der Polizei noch weiter untergraben wird. Schon jetzt, so heißt es in der Behörde, könne man vorwiegend bei Südländern das Phänomen beobachtet, dass diese wegen der angeblich laschen Art der Polizei keinen Respekt mehr vor ihr haben.

Massive Autoritätsprobleme sind nach Auskunft von LKA-Chef Ulrich Voß bei türkischen Jugendlichen, Deutsch-Russen und arabischstämmigen Verdächtigen zu erkennen. Voß hofft deswegen, dass das Gericht die Hauptverhandlung gegen den Leitenden Kriminaldirektor gar nicht erst eröffnet. Die Möglichkeit, das Verfahren gegen Zahlung einer Geldbuße einzustellen hat Schmidt abgelehnt, bevor überhaupt eine Summe im Gespräch war: Er will seinen Freispruch.

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