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Berlin: Verdeckte Subvention für Vattenfall

Brandenburg erlässt Energiekonzern seit 1994 die Abgabe für Wassernutzung Land verliert jährlich 21 Millionen Euro – rot-rote Regierung will das ändern

Potsdam - Brandenburg verzichtet auf Einnahmen in Millionenhöhe für den Wasserverbrauch in Braunkohle-Tagebauen und Kraftwerken. Nach Berechnungen des Umweltverbandes Grüne Liga gingen der Landeskasse jährlich 21 Millionen Euro verloren – und das bereits seit 1994. Nun will die rot-rote Regierungskoalition, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, das Wassergesetz ändern. Ab 2011 muss der Energiekonzern Vattenfall mit Mehrausgaben für das Wassernutzungsentgelt rechnen, was den Kohleabbau verteuern könnte. Damit sollen EU-Vorgaben aus Brüssel zur Nachhaltigkeit erfüllt werden, wonach Verursacher von Schäden im Wasserhaushalt wie im Bergbau einen „angemessenen“ Beitrag zur Deckung der Kosten leisten müssen.

Bislang war Vattenfall völlig von der Ressourcensteuer befreit. Beim Landtagsbeschluss zum Wassergesetz von 1994 hatte die SPD auf Druck der Bergbau-Gewerkschaft BCE die Ausnahmeklausel für Tagebaue durchgesetzt. Namentlich der Gewerkschaftsvize Ulrich Freese ( SPD) aus Spremberg war als Abgeordneter daran beteiligt. Inzwischen rücken Teile der SPD und besonders die Linke von der bisherigen Regelung ab, auch wegen der Schäden im Wasserhaushalt der Lausitz und der enormen Belastung der Spree. „Vattenfall ist nicht mehr die allerheiligste Kuh und hat nicht mehr die Lobby wie vor einigen Jahren“, hieß es aus Koalitionskreisen. Dennoch wird dort mit heftigen Auseinandersetzungen mit Vattenfall, aber auch innerhalb der Regierungsfraktionen gerechnet. „Wenn Brandenburg ein verlässlicher Partner für die Industrie sein will, muss es bei den damals getätigten Zusagen bleiben“, sagte Freese, selbst Mitglied im Vattenfall-Aufsichtsrat. Nach 16 Jahren könne das Land nicht zusätzliche Belastungen verordnen.

Inzwischen kursiert im Umweltministerium aber ein Referentenentwurf für ein neues Wassergesetz. Der darin vorgesehene, niedrige Satz für das Nutzungsentgelt, gesprochen wird von vier Millionen Euro für Vattenfall, bleibt aber weit hinter den Forderungen der Grünen Liga zurück. „Alle Wassernutzer sollten die gleichen zehn Cent pro Kubikmeter zahlen, die auch kommunale Wasserwerke zahlen“, sagte Tobias Schäfer, Wasserexperte des Bundesverbandes der Grünen Liga. Allein für den aktiven Bergbau würden in der gesamten Lausitz 410 Millionen Kubikmeter Grundwasser, davon in Brandenburg pro Jahr knapp 240 Millionen Kubikmeter abgepumpt, für die das Land aber keine Abgabe erhebt. Alle anderen Nutzer, vor allem Wasserwerke, aber auch Landwirte und Industrie, entnehmen 196 Millionen Kubikmeter Grundwasser – und müssen dafür auch zahlen. Daher sind für dieses Jahr insgesamt 19 Millionen Euro an Einnahmen aus dem Entgelt im Entwurf des Landeshaushaltes für 2010 vorgesehen.

Für Schäfer ist die bisherige Ermäßigungsklausel im Gesetz eine „verdeckte Subvention“ für den Energieriesen. Dessen Lausitzer Kohlekraftwerke „entziehen allein durch die Kühltürme jährlich 92 Millionen Kubikmeter Wasser“, die in Flüssen und Grundwasser fehlen. Dafür zahlt Vattenfall gerade einen halben Cent pro Kubikmeter, im Bundesvergleich der niedrigste Wert – in Berlin kostet dies bis zu 31 Cent je Kubikmeter. Hinzu kommen Kosten für erhöhte Sulfatwerte in der Spree durch die Flutung alter Tagebaue und das Abpumpen in aktiven Tagebauen. „Hier drückt das Land bisher ein Auge zu“, so Schäfer.

Die Folgen sind bereits bemerkbar. Das Wasserwerk Briesen (Oder-Spree), das Frankfurt (Oder) mit Trinkwasser versorgt, musste bereits mehrere Male die Pumpen wegen erhöhter Sulfatbelastung abschalten. Inzwischen erwägen die Verantwortlichen vor Ort gemeinsam mit dem Landesumweltamt, die Brunnen am Ufer der Spree zu verlegen oder eine Reinigungsanlage zu installieren. Auch die Berliner Wasserbetriebe beobachten die Lage aufmerksam, besonders die bereits leicht angestiegenen Sulfatwerte im Wasserwerk Friedrichshagen am Müggelsee. „Wann kommt die Sulfatwolke aus der Lausitz – das ist ein Riesenthema für uns“, sagte Unternehmenssprecher Stephan Natz. „Wir bekommen ein Problem, wenn die sauren Tagebauseen voll sind und dann Richtung Spree entwässern.“

Für Vattenfall ist das bislang kein Thema. „Aus unserer Sicht stellt die bisherige Praxis sicher, dass sorgsam mit der Ressource Wasser umgegangen wird“, sagte Unternehmenssprecher Ralf Krüger. Man halte sich an das Wassergesetz. „Das wird natürlich auch in Zukunft so bleiben.“

Auch in einem anderen Streitpunkt weigert sich Vattenfall, Abgaben zu zahlen. Dabei geht es um gefördertes Trinkwasser. Allein für 2008 stehen Zahlungen für 5,2 Millionen Kubikmeter Trinkwasser aus, die Vattenfall gepumpt und weiterverkauft hat. Dafür wären 109 000 Euro fällig – das ist schon ein stark ermäßigter Satz: Normale Wasserwerke zahlen das Fünffache.

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