zum Hauptinhalt
311495_0_464449dc.jpg

© Mike Wolff

Verfahren wegen Volksverhetzung: Strafanzeige gegen Buschkowsky vom Tisch

UPDATE Die Kritik von Neuköllns Bürgermeister Buschkowsky an dem geplanten Betreuungsgeld ist keine Volksverhetzung, stellte die Staatsanwaltschaft klar. Laut Buschkowsky werde das Geld in der Unterschicht eher "versoffen", als dass es bei den Kindern ankäme.

Die Berliner Staatsanwaltschaft hat ein Ermittlungsverfahren wegen Volksverhetzung gegen den Bezirksbürgermeister von Neukölln, Heinz Buschkowsky (SPD), eingestellt. Das sagte Behördensprecher Martin Steltner am Dienstag. Hintergrund waren umstrittene Äußerungen des SPD-Politikers über das von der Bundesregierung geplante Betreuungsgeld. Unterdessen legte Buschkowsky mit seiner Kritik nach.

Buschkowsky hatte die Betreuungsgeldpläne der schwarz-gelben Bundesregierung mit den Worten kommentiert: "In der deutschen Unterschicht wird es versoffen, und in der migrantischen Unterschicht kommt die Oma aus der Heimat zum Erziehen.“ Das Familiennetzwerk Deutschland zeigte den Bürgermeister deswegen Ende Oktober an.
 
Staatsanwaltschaft: Übertreibung statt Volksverhetzung

Die Staatsanwaltschaft stellte nun fest, dass mit den Aussagen Buschkowskys nicht zum Hass oder zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen aufgerufen wird. Auch die Menschenwürde anderer werde nicht angegriffen. Vielmehr handele es sich um Übertreibungen und Pointierungen, die für eine gewisse Medienwirksamkeit sorgen sollten, heißt es im Einstellungsbescheid der Staatsanwaltschaft. Bei den Äußerungen des Politikers handele es sich um eine anlassbezogene, massive und drastische Kritik. Dabei seien Diffamierung und Herabsetzung der sogenannten Unterschicht weder eindeutig beabsichtigt gewesen, noch hätten sie im Vordergrund gestanden.

Inzwischen bekräftigte Buschkowsky seine Kritik am geplanten Betreuungsgeld. "Es wird dazu führen, dass ein Großteil der Unterschicht-Eltern ihr Kind nicht in die Kita geben oder aus der Kita herausnehmen, um das Geld für ihre Bedürfnisse auszugeben - zum Beispiel für Zigaretten, Alkohol, den Pay-TV-Beitrag oder um Schulden abzubauen“, sagte er. Für die Kinder bedeute dies, dass keiner mit ihnen spiele oder ihnen etwas vorlese, sagte Buschkowsky. „Sie lernen nicht, wie man spricht oder mit Messer und Gabel isst, wie man ein Bild malt und dass man nicht einfach zuschlägt, wenn man etwas haben will. Das sind die Grundlagen zur Verwahrlosung schon in frühester Kindheit.“

Buschkowsky fordert Kita-Pflicht ab dem ersten Lebensjahr

In Migrantenfamilien würden so "überkommene Rollenklischees zementiert, wie es vom Opa überliefert ist: Mädchen müssen rein, keusch und gehorsam sein, die Jungen stark, tapfer und Beschützer", sagte Buschkowsky. Der SPD-Politiker schätzt, dass eineinhalb bis zwei Millionen Kinder in Deutschland in prekären Verhältnissen leben: "Kinder aus diesen Milieus müssen durch die Gesellschaft so früh wie möglich gefördert werden, damit sie eine Chance auf ein selbstbestimmtes Leben haben und nicht zur Kopie ihrer Eltern werden."

Buschkowsky fordert deshalb eine Kita-Pflicht ab dem ersten Lebensjahr in sozialen Brennpunkten sowie flächendeckende Ganztagsschulen. "Es ist doch irre, wenn die Politik einerseits einen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz einführt und dann andererseits Geld zahlt, wenn man den Platz nicht in Anspruch nimmt.“ Der Staat gebe jährlich Mittel von 5,5 Milliarden Euro für die Jugendhilfe in die Familien. Buschkowsky fügte hinzu: "Die heile Welt für eine Familienpolitik der 50er Jahre gibt es schon lange nicht mehr. Auch nicht in Bayern.“  

Christina Schultze[ddp]

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false