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Berlin: Vergnügungskämpfer

Heinz Zellermayer feierte 90. Geburtstag. Er hat die Sperrstunde mitabgeschafft

Mit einer einzigen Initiative hat Heinz Zellermayer vermutlich mehr für die Anziehungskraft Berlins getan als Hunderte von Marketingspezialisten nach ihm: 1949 rang der damalige Obermeister der Gaststätteninnung dem amerikanischen Stadtkommandanten die Aufhebung der Sperrstunde ab. Berlin war ab sofort rund um die Uhr geöffnet – und begründete damit seinen Ruf als Stadt, die niemals schläft. Dass sich daran bis heute nichts geändert hat – darüber wacht nicht zuletzt Zellermayer selbst, der am Sonntag mit einem Empfang mit Ehefrau Anne , Freunden und Weggefährten im Restaurant Hugo’s im Hotel Intercontinental seinen 90.Geburtstag feierte.

Zellermayer und die Abschaffung der Polizeistunde – das ist Legende und doch nur ein winziger Bruchteil der Lebensleistung des gebürtigen Berliners, der nach dem Abitur eine solide Hotelausbildung absolvierte und sich in Lausanne, London und Paris eine für Berliner Nachkriegsverhältnisse ungewöhnliche Weltläufigkeit erwarb. Er kämpfte gegen die Getränke, Vergnügungs- und Schankerlaubnissteuer und für die Erhaltung der Existenzbedingungen der Biergärten, er gehörte zu den Gründern der Innungskrankenkasse. Seine Berliner Karriere begann unmittelbar nach dem Krieg. Im Juli 1945 richtete er das zerbombte Hotel seiner Eltern am Steinplatz provisorisch wieder her und nahm den Restaurantbetrieb auf, mit einem Kilo Fleisch und einer Dose grüne Bohnen. Dies wurde die Basis einer erfolgreichen Karriere als Unternehmer wie als Verbandsfunktionär – das in den 1964 eröffnete Parkhotel Zellermayer in der Meinekestraße galt als eines der ersten Häuser Berlins. 1949 hatte er zu den Gründern des Dehoga-Bundesverbandes gehört, er engagierte sich später für die CDU als Abgeordneter im Landesparlament und brachte es auf insgesamt 45 Jahre als Chef der Berliner Innung, bis er sich 1990 aus diesem Amt zurückzog.

Dabei galt Zellermayer nie als pflegeleicht. Weil er sich, was offenbar häufig passierte, in den Routinesitzungen des Bundesverbands langweilte, kam er spät, ging früh und las zwischendurch Zeitung. Wo es nichts zu bewegen gab, da mochte er nicht herumsitzen, statt dessen glänzte er lieber auf den Tanzflächen der Stadt, stets elegant gekleidet, immer lebensfroh, polyglott, glamourös.

Zellermayer ist zwar schon lange im Ruhestand, aber längst noch nicht ruhig. Sein Nachfolger Willy Weiland bescheinigt ihm jetzt in einem Glückwunschschreiben: „Seine Stimme hatte und hat Gewicht, deutlich ist sie noch immer zu vernehmen.“ bm

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