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Berlin: Verhandlungen festgefahren: Wilde Streiks bei der S-Bahn

Am Tag der Tarifgespräche legten 20 Mann den Berufsverkehr lahm. Die Protestierenden müssen jetzt mit Kündigungen rechnen, die Fahrgäste mit weiteren Ausständen

Mit einem wilden Streik haben gewerkschaftlich organisierte Eisenbahner gestern früh den Verkehr bei der Berliner S-Bahn lahm gelegt. Etwa 120 Züge fielen am Tag der Tarifgespräche aus, 40 000 Fahrgäste kamen nach Angaben der S-Bahn zu spät. Die Aktion begann um 7 Uhr und endete um 8 Uhr – koordiniert und deshalb illegal, nannte die S-Bahn-Leitung den Ausstand. Der Betrieb normalisierte sich erst gegen 10 Uhr. S-Bahn-Geschäftsführer Günter Ruppert drohte den Streikenden scharfe Sanktionen an, er schloss ausdrücklich Kündigungen und Schadensersatzforderungen nicht aus. Von den etwa 20 Streikenden sind nach Angaben Rupperts sechs, nach Angaben der Gewerkschaft Transnet bereits zehn identifiziert. Sie wurden sofort suspendiert. „Wir prüfen die ganze Palette arbeitsrechtlicher Konsequenzen“, sagte Ruppert. Transnet reagierte empört: „Diese Drohungen und Erpressungen müssen vom Tisch“, forderte Sprecher Michael Klein. Die Rücknahme sei sofort in die Verhandlungen mit dem Arbeitgeber aufgenommen worden. Die Tarifverhandlungen (siehe grauen Kasten) wurden gestern Abend nach gut drei Stunden ohne Ergebnis auf Freitag vertagt. Damit drohen jetzt weitere Streiks.

Transnet (früher die „Gewerkschaft der Eisenbahner“) hat große Macht bei der Berliner S-Bahn, 2200 der 4000 Angestellten sind gewerkschaftlich organisiert. Die Kündigungsdrohung von Ruppert kommentierte die Gewerkschaft so: „Die fahren einen knallharten Kurs.“ Von beiden Seiten hieß es, dass die Situation völlig verfahren sei und ein harter Arbeitskampf drohe – und der wird Folgen für die Fahrgäste haben.

Bis zum morgigen 22. April galt eigentlich die so genannte Friedenspflicht vor Verhandlungen, in der Streiks verboten sind. Das Vorstandsmitglied Karl-Heinz Zimmermann von der Gewerkschaft Transnet äußerte Verständnis für die nach seinen Worten „spontane Aktion“: „Die Enttäuschung und die Wut bei den Beschäftigten sind groß." Massenhaft hätten nicht streikende Angestellte den Fahrgästen gestern Bescheinigungen ausgestellt, damit diese am Arbeitsplatz keinen Ärger bekommen.

Wie es hieß, soll am heutigen Donnerstag zunächst auf weitere Streik-Aktionen verzichtet werden, für den Freitag wollte die Gewerkschaft dies nicht zusichern. S-Bahn-Geschäftsführer Günter Ruppert hatte am Nachmittag gesagt, dass man mit weiteren Arbeitsniederlegungen rechne. „Das lässt sich nicht verhindern.“ Denn gestern reichten lediglich zwanzig Streikende, um den Verkehr auf der Nord-Süd-Bahn und der Stadtbahn lahm zu legen. So hielten zwei Fahrer im Bahnhof Friedrichstraße einfach ihre Züge an – damit stand der Verkehr auf der ganzen Stadtbahn. Am Anhalter Bahnhof im Nord-Süd-Tunnel sprangen die Signale auf Rot. Ein Fahrdienstleiter hatte im Herz der S-Bahn, im elektronischen Stellwerk, die Arbeit niedergelegt.

Wie S-Bahn-Chef Ruppert gestern sagte, sei es aber gelungen, alle Züge in einen Bahnhof zu fahren, kein Zug stand längere Zeit auf freier Strecke.

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