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Kein Kinderspiel. Die Suche nach dem richtigen Betreuungsplatz für die Kleinen bringt viele Berliner Eltern an den Rand der Verzweiflung.

© Julian Stratenschulte/dpa

Verhandlungsdurchbruch in Berlin: Neue Hoffnung auf mehr Kitaplätze

Nur 3500 Plätze sind in Berlins Kindertagesstätten noch frei, suchende Eltern werden auf August vertröstet, und das zentrale Meldesystem funktioniert kaum. Aber jetzt sollen Kita-Investitionen erleichtert werden.

Wer jetzt eine Kita für sein Kind sucht, ist nicht zu beneiden: Von Berlins 156.000 Kitaplätzen sind aktuell nur noch maximal 3500 frei. Das teilte die Jugendverwaltung auf Anfrage mit. In einigen Bezirken geht gar nichts mehr. „Vom gesetzlich vorgegebenen Wahlrecht sind wir weit entfernt“, bedauert Landeselternsprecher Norman Heise.

Jetzt soll das Erbbaurecht Investitionen erleichtern

Um trotz steigender Mieten und Grundstückspreise den Ausbau neuer Einrichtungen zu forcieren, hat sich die rot-schwarze Koalition nach Informationen des Tagesspiegels darauf geeinigt, dass Kita-Träger landeseigene Immobilien über das Erbbaurecht erwerben können. „Alle wesentlichen Stellen haben eingewilligt“, hieß es am Montag, nachdem zuletzt der Vermögensausschuss des Abgeordnetenhauses eingewilligt habe. „Ich knüpfe daran die Hoffnung, dass die Träger Kredite aufnehmen und ihre Kitagebäude sanieren oder ausbauen können“, beschrieb Martin Hoyer vom Paritätischen Wohlfahrtsverband die Bedeutung des Erbbaurechts. Die Koalition hatte rund zwei Jahre lang darum gerungen.

Nur zwei Prozent der Plätze sind frei - Wahlfreiheit entfällt

Besonders angespannt ist die Lage in Marzahn-Hellersdorf, Pankow, Mitte, Reinickendorf, Treptow-Köpenick und Neukölln. Beim letzten Datenabgleich stellte Neuköllns Jugendstadtrat Falko Liecke (CDU) fest, dass von seinen 12 200 Kitaplätzen nur ein Prozent frei war. Für eine Wahlfreiheit wäre ein Überangebot von zehn Prozent notwendig, sagt Hoyer. Am heutigen Dienstag wird sich der Senat mit der Situation beschäftigen.
Die meisten Eltern, die jetzt auf der Suche sind, werden auf den Sommer vertröstet, wenn mehr als 25.000 Kitakinder zur Schule kommen. Für dieses Phänomen hat der Landeselternausschuss inzwischen den Begriff „Augustbefriedigung“ geprägt. Aber auch hier werden nicht alle Wünsche erfüllt, weil viele Kinder, die eigentlich schulpflichtig sind, zurückgestellt werden und in der Kita bleiben. Ein Rundruf des Tagesspiegels in den Bezirken ergab, dass die Rückstellungszahlen ähnlich hoch liegen wie 2014, als weit mehr als 5000 Fünf- oder Sechsjährige in ihren Kitas blieben und somit die Plätze der Ein- bis Dreijährigen blockierten.

2015 sollen 4000 neue Plätze entstehen

„ Die aktuelle Entwicklung zeigt eine typische Verlaufskurve“, betont Thorsten Metter von der Jugendverwaltung. Die Auswahl sei im Frühjahr immer geringer sei als im Sommer. Noch 2015 würden 4000 neue Plätze geschaffen; was aber nicht jenen Eltern hilft, die jetzt einen Platz brauchen. Erschwert wird ihre Suche durch das Fehlen einer zentralen Übersicht über freie Plätze. Zwar ist das Kitaportal der Jugendverwaltung dafür ausgelegt, dass die Träger ihre freien Plätze melden sollen. Das geschieht aber kaum, weil das Meldeverfahren als umständlich gilt.

Neuer Rekord: Im laufenden Schuljahr fehlen knapp 17 Prozent der schulpflichtigen Erstklässler: Sie wurden von den Eltern zurückgestellt.
Neuer Rekord: Im laufenden Schuljahr fehlen knapp 17 Prozent der schulpflichtigen Erstklässler: Sie wurden von den Eltern zurückgestellt.

© Tsp/Schmidt

Nur jeder zehnte freie Platz ist im Kitaportal zu finden

Wie unbeliebt die Nutzung des mit Millioneninvestitionen flankierten Kitaportals ist, wird deutlich, wenn man die aktuell freien Plätze im Kitaportal durchzählt: Rund 300 findet man dort – von den genannten 3500. Insgesamt sind überhaupt nur 50 der 2250 Kitas auf der Liste vertreten. Die Jugendverwaltung erklärt diese Differenz damit, dass die Träger selbst entscheiden können, ob sie das Verfahren nutzen. In der Regel hätten sie eigene IT-Lösungen, in denen Vormerkungen von Kindern erfasst werden. Es sei aber „die Bereitstellung einer Standardschnittstelle vorgesehen“; dann könnten die trägereigenen Verfahren mit der Software der Verwaltung gekoppelt werden. Diese Schnittstelle befinde sich „in einer Testphase“.

Manchmal können die Jugendämter helfen

Wer darauf nicht warten möchte, kann sich in anderen Platzbörsen umgucken - etwa vom Dachverband der Kinder- und Schülerläden (DaKS) oder vom bundesweiten Kitanetz - oder alternativ die Kitas abklappern. Außerdem versuchen die Jugendämter zu helfen: Sie bieten mitunter Tagespflegeplätze, um die Wartezeit zu einem Kitaplatz zu überbrücken. Aufgrund der riesigen Nachfrage resümiert Roland Kern vom DaKS: „Es ist der helle Wahnsinn, dass das System noch nicht zusammengebrochen ist.“

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