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BBI: Erneut Demonstrationen gegen geplante Flugrouten

Eine Bürgerinitiative will nun Akten beschlagnahmen lassen, um Unregelmäßigkeiten während der Planung des Projektes aufzudecken. Die Behörden hätten von Anfang an bewusst mit falschen Routen geplant.

Mehrere tausend Menschen haben am Sonntagnachmittag auf dem Kleinmachnower Rathausmarkt erneut gegen die geplanten Flugrouten am künftigen Hauptstadtflughafen Berlin-Brandenburg protestiert. Sprecher der Bürgerinitiative „Weg mit den Flugrouten“ plädierten auf dem Rathausmarkt für die Rückkehr zur alten Flugroutenplanung und ein strenges Nachtflugverbot zwischen 22 und 6 Uhr. Zudem hat Kleinmachnows Bürgerinitiative die Beschlagnahmung aller Akten der Planfeststellungsbehörde des BBI-Großflughafens sowie den Rücktritt des brandenburgischen Infrastruktur-Staatssekretärs Rainer Bretschneider gefordert. Die Veranstalter sprachen von 4000 Teilnehmern. Auch in Zeuthen kamen rund 1000 Menschen zu einer Protestveranstaltung – und fanden sich dabei zu dem „weltweit größten Anti-FluglärmChor“ zusammen, wie es hieß.

Das kürzlich aufgetauchte Schreiben des damaligen Flughafenchefs Götz Herberg an den Bundesverkehrsminister aus dem Jahre 1998 belege, dass im Planfeststellungsverfahren für den Flughafen bewusst getäuscht worden ist, sagte Initiativensprecher Matthias Schubert in Kleinmachnow. Damit sei bewiesen, dass von Anfang an mit abknickenden Flugrouten, die jetzt auch über die Region Teltow, Kleinmachnow, Stahnsdorf führen sollen, geplant wurde. Wie berichtet, hatte Herberg in dem Schreiben darum gebeten, doch bei den alten Routen zu bleiben, die einen Geradeausflug nach dem Start vorsahen. Zuvor hatte die Deutsche Flugsicherung (DFS) schriftlich darauf hingewiesen, dass Maschinen, die gleichzeitig von beiden Startbahnen abheben, sofort um mindestens 15 Grad voneinander abknicken müssen. Unmittelbar nachdem die DFS Anfang September 2010 ein Konzept mit abknickenden Routen vorgelegt hatte, erklärte die Flughafengesellschaft noch, sie sei überrascht worden.

Um die Beweise für die „offensichtliche Täuschung zu sichern, müssen schleunigst parlamentarische Untersuchungsausschüsse gebildet werden“, forderte Schubert. Staatssekretär Bretschneider müsse von seinem Amt entbunden werden. „Er trägt als Chef der Planungsbehörde die politische Verantwortung für den Skandal“, sagte Schubert.

Der Initiativen-Sprecher betonte, die Konsequenz der bewussten Vorbereitung einer fehlerhaften Abwägung für den BBI-Planfeststellungsbeschluss liege auf der Hand: Er sei rechtswidrig, weil von Anfang an bewusst mit unrichtigen Flugrouten geplant wurde. Deshalb müsse der Beschluss aufgehoben werden, wenn jetzt nicht klipp und klar festgelegt werde, dass die der Planfeststellung tatsächlich zugrunde gelegten Geradeaus-Routen ihre Gültigkeit behalten.

An diesem Montag wird die Fluglärmkommission zur weiteren Beratung zusammenkommen. Der Kommission gehören 34 Mitglieder an, darunter die von Lärm betroffenen Kommunen sowie Vertreter von Flughafen und Fluggesellschaften. Sie können bei der Planung der Flugrouten beraten, jedoch nichts entscheiden. Das Gremium wird in nichtöffentlicher Sitzung über „eine Fülle von Anträgen“ abstimmen müssen, sagte Seibert. Nun sei es Sache der Deutschen Flugsicherung (DFS), nicht umsetzbare Anträge auszusortieren. Die DFS arbeitet die Routen aus.

Unter den Anträgen ist laut Brandenburger Verkehrsministerium auch ein Vorschlag aus dem Umweltministerium. Er hat zum Ziel, die Flugzeuge südlich und westlich um Berlin und Potsdam herum zu leiten. Die Brandenburger und Berliner Landesregierungen forderten von den Bundesbehörden immer wieder, bei den Planungen sollten so wenig Menschen wie möglich belastet werden.

Das Gremium muss zudem einen neuen Vorsitzenden wählen, sagte der amtierende Vorsitzende Winfried Seibert. Seibert hatte den Posten vorübergehend übernommen, nachdem der bisherige Amtsinhaber Bernd Habermann zurückgetreten war. Ihm war vorgeworfen worden, nicht neutral genug im Sinne aller Mitglieder gehandelt zu haben. Kandidaten für das Amt des Vorsitzenden seien ihm bisher nicht bekannt, sagte Seibert. Er wolle „nur im Notfall“ weitermachen. Seibert appellierte an die Geschlossenheit des Gremiums: „Wir haben alle einen Gegner – und das ist der Fluglärm, nicht die Gemeinde nebenan.“ Damit spielte er auf das Interesse jeder Kommune an, möglichst wenig Lärm abzubekommen. (mit dapd)

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