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© Peters

Chaos am Hauptbahnhof: Bahnkunden blieben auf der Strecke

Offensichtlich hat ein einzelner toter Vogel den Bahnverkehr in Berlin am Wochenende zusammenbrechen lassen. Er löste bei Einfahrt eines ICE in den Tunnel am Hauptbahnhof einen Kurzschluss aus – und gleichzeitig eine Welle der Empörung.

Offensichtlich hat ein einzelner toter Vogel den Bahnverkehr in Berlin am Wochenende zusammenbrechen lassen. Er löste bei Einfahrt eines ICE in den Tunnel am Hauptbahnhof einen Kurzschluss aus – und gleichzeitig eine Welle der Empörung. Verkehrsexperten und Fahrgastverband waren sich gestern in der Einschätzung einig, dass die Panne wieder einmal gezeigt habe, dass es bei der Bahn kein funktionierendes Krisenmanagement gebe. „Die Fahrgäste haben ein Recht auf Information“, sagte Jens Wieseke von der IGEB. Sinnvoll sei es, über den Verkehrsfunk oder auf der Internetseite der Bahn auf die Störung hinzuweisen.

Wie berichtet, waren weder die Medien noch die Fahrgäste von der Störung informiert worden. Die Panne wurde nur bekannt, weil eine am Bahnhof Gesundbrunnen gestrandete Reisende den Tagesspiegel informiert hatte. Erst auf Nachfrage hatte ein Bahnsprecher am Samstagabend bestätigt, dass am Hauptbahnhof bereits seit Stunden keine Züge Richtung Süden fahren. Zudem dauerte die Sperrung länger als am Abend angekündigt, erst zu Betriebsbeginn am Sonntagmorgen rollte der Verkehr wieder normal – bis 8 Uhr früh jedoch nur. Dann gab es den nächsten Kurzschluss bei Einfahrt eines Zuges. Die Gleise 1 und 2 wurden erneut gesperrt, bis gegen 11.30 Uhr. Wieso der erste Kurzschluss mit dem Vogel eine ganze Serie von „Stromüberschlägen“ auslöste, müsse untersucht werden, hieß es bei der Bahn. Möglicherweise habe Staub (vom verglühten Vogel) in der Luft dies verursacht. Auch das Eisenbahn-Bundesamt als technische Aufsichtsbehörde wurde eingeschaltet.

Ein Bahnsprecher behauptete gestern, es wäre für die Fahrgäste keine Hilfe gewesen, wenn sie im Verkehrsfunk gehört hätten, dass die Züge nicht im Hauptbahnhof abfahren, sondern von anderen Stationen. Es sei immer unklar gewesen, wie lange die Störung dauere, sagte der Sprecher. IGEB-Sprecher Wieseke nannte diese Aussage unsinnig. Es sei immer sinnvoll, Fahrgäste zu Stationen zu schicken, auf denen auf jeden Fall ein Zug abfährt. „Die Bahn lernt nichts dazu“, kommentierte der Verkehrsexperte und Europaabgeordnete Michael Cramer (Bündnis 90/Die Grünen) den Vorfall gestern. Es sei eine „Sauerei“, wie mit den Fahrgästen umgegangen wurde. „Es kann immer etwas in einem so komplexen System passieren“, sagte Cramer. Dafür hätten Fahrgäste ja auch Verständnis. Unverständlich jedoch sei, dass es wieder einmal keine Informationen gegeben habe.

Erst vor einer Woche war in Berlin ein völlig überfüllter Regionalzug nach einer technischen Störung auf freier Strecke nahe dem Bahnhof Grunewald liegengeblieben. Die Reisenden mussten dort drei Stunden ausharren, weil sich Bahn und Polizei angeblich nicht in der Lage sahen, 1000 Fahrgäste aus dem Zug herauszuführen. „Das muss immer möglich sein“, sagte Cramer. Vor vier Jahren hatten wütende Fahrgäste sogar die Bahn verklagt wegen Freiheitsberaubung, nachdem sie vier Stunden lang in Berlin in einem ICE eingesperrt gewesen waren. Damals hatte die Bahn angekündigt, aus dem Vorfall Konsequenzen zu ziehen. Offensichtlich sei nichts passiert, sagte Cramer gestern. Ebenfalls am vergangenen Wochenende war eine unbesetzte S-Bahn in Grünau entgleist. Auch dies hatte die Bahn verschwiegen.

Nach dem Abgang des umstrittenen Konzernchefs Hartmut Mehdorn im März habe sich leider in dem Konzern noch gar nichts geändert, beklagte Cramer. Nachfolger Rüdiger Grube agiere genauso wie Mehdorn. So sei es der Bahn weiterhin völlig egal, dass sehr viele Berliner durch die Abkoppelung des Bahnhofs Zoo vom Fernverkehr nun längere Fahrzeiten haben.

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