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DDR-Züge werden reaktiviert: S-Bahn freut sich über die alten Züge

Nach fünf Jahren auf dem Abstellgleis ist der erste reaktivierte Doppelwagen der S-Bahn wieder in Betrieb genommen. 19 weitere sollen folgen – für 16 Millionen Euro.

Sieht aus wie eine normale S-Bahn. Fährt wie eine normale S-Bahn. Ist aber eine ganz besondere S-Bahn. Für S-Bahn-Chef Peter Buchner ist mit ihrer Ankunft ein weiterer wichtiger Schritt bei der Rückkehr zum Normalbetrieb erreicht worden. Und deshalb wurde am Freitag der erste reaktivierte Doppelwagen, der zuvor gut fünf Jahre lang auf einem Abstellgleis vor sich hin gerostet war, mit einer Ehrenrunde im Netz wieder in Betrieb genommen – 20 Jahre nach seinem ersten Einsatz. 19 weitere sollen jetzt noch folgen. 16 Millionen Euro lässt sich die S-Bahn das Projekt kosten.

Die für die Reichsbahn der DDR entwickelten Züge der Baureihe 485, wegen ihrer früheren roten Lackierung auch Cola- Dosen genannt, waren erst von 1989 bis 1991 gebaut worden. Nach 2000 wurden sie von der damaligen S-Bahn-Geschäftsführung aber schnell aufs Abstellgleis oder in die Schrottpresse geschickt, um Kosten zu sparen. Die Geschäftsführer dachten, nach der Lieferung von 500 modernen Doppelwagen der Baureihe 481 insgesamt mit weniger Fahrzeugen auskommen zu können. Nachdem sich aber 2009 gezeigt hatte, dass Räder und Achsen der neuen Züge bruchgefährdet waren, habe man entschieden, 20 bereits abgestellte Bahnen wieder in Betrieb zu nehmen, sagte Buchner.

Von der Industrie gab es aber nur ein Angebot, die Arbeiten zu übernehmen. Da der geforderte Preis fast so hoch wie für ein neues Fahrzeug gewesen wäre und die Bahn zudem noch eigene Leistungen beim Instandsetzen erbringen sollte, entschied sich das Unternehmen, die Fahrzeuge in eigenen Werken in Wittenberge und Dessau aufzuarbeiten.

Mangels Erfahrung mit solchen Zügen habe man den Auftrag mit einigen Bedenken übernommen, sagte der Leiter des Werkes Dessau, Hans-Peter Michlitz, am Freitag bei der Übergabe des ersten fertiggestellten Doppelwagens. Monatelang habe man getüftelt und probiert, was wie zu machen sei. Ersatzteile mussten zum Teil aufwendig nachgebaut werden.

Auch der Innenraum ist modernisiert worden und ähnelt mit seinen neuen Sitzen nun den anderen Baureihen. Kameras wurden, wie bei der S-Bahn bisher üblich, nicht installiert. Bis Mitte des Jahres sollen alle 20 zu reaktivierenden Doppelwagen einsatzbereit sein. Der Fahrzeugbestand erhöht sich dann auf 650 Doppelwagen. Für den vom Senat bestellten Verkehr sind 562 erforderlich; etwa 420 sind derzeit verfügbar, die anderen befinden sich in der Werkstatt oder warten auf neue Achsen und Räder.

Mit den zusätzlichen Zügen kann die S-Bahn dann den Zehn-Minuten-Verkehr nach Teltow Stadt aufnehmen, den Brandenburg bereits für Sommer 2009 bestellt hatte, der wegen der Dauerkrise aber nicht aufgenommen werden konnte.

Neue Fahrzeuge will die Bahn, wie berichtet, erst bestellen, wenn entschieden ist, wer den Betrieb nach dem Auslaufen des Verkehrsvertrags Ende 2017 übernehmen wird. Das Bundesverkehrsministerium hatte sich zwar dafür eingesetzt, neue Züge schon jetzt in Auftrag zu geben, doch nun sieht die Bahn hier rechtliche Probleme. Sie befürchtet nach ihren Angaben, dass sie von einer Ausschreibung ausgeschlossen werden könnte, wenn sie bereits jetzt neue Züge bestellen sollte. Der Senat hat seine rechtliche Prüfung noch nicht abgeschlossen. Er hat auch noch nicht entschieden, ob es überhaupt eine Ausschreibung gibt oder ob der Betrieb auf einem Teil des Netzes der BVG übergeben wird, wie es die Linken und Teile der SPD fordern. Hier drängt die Zeit, weil die Entwicklung und Erprobung neuer Bahnen rund fünf Jahre dauert. 2017 müssen neue Bahnen auf den Schienen stehen, denn dann müssen alte Fahrzeuge ausgemustert werden – auch die jetzt reaktivierten.

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