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Deutsche Bahn: Weiterer Kopf rollt wegen S-Bahn-Chaos

Der Bereichsleiter für Stadtverkehr, Hermann Graf von der Schulenburg, steht vor der Ablösung. Grund: Die chaotischen Zustände bei der S-Bahn. Das von Klaus Wowereit angestrebte Spitzengespräch zur S-Bahn ist noch nicht vereinbart.

Für das vom Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) angestrebte Gespräch zur Bewältigung der S-Bahn-Krise gibt es noch keinen Termin. Das Treffen solle aber „zeitnah“ stattfinden, sagte am Mittwoch Senatssprecher Richard Meng. Danach werde man auch wissen, ob zusätzlich ein Treffen mit Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) erforderlich sei. Wowereit hat den Bund aufgefordert, sich mehr zu engagieren, um die S-Bahn wieder zum Normalbetrieb zurückkehren zu lassen. Deren Betrieb war auch gestern stärker eingeschränkt, als der ohnehin schon vorhandene Notfahrplan vorsieht. Heute will sich das Abgeordnetenhaus erneut mit dem Chaos bei der S-Bahn beschäftigen. Die Ankündigung eines Spitzengesprächs reicht der Opposition zur Krisenbewältigung nicht aus.

Immerhin soll das S-Bahn-Desaster jetzt auch Konsequenzen im oberen Management der Bahn haben. Gefeuert wurden bereits vier Geschäftsführer der S-Bahn, die aber weiter bezahlt werden. Zudem wurden mehrere leitende Mitarbeiter des Betriebs „freigestellt“.

Nun soll, wie berichtet, nach Tagesspiegel-Informationen auch der Chef des Bereichs Stadtverkehr, Hermann Graf von der Schulenburg, der auch Aufsichtsratsvorsitzender bei der S-Bahn ist, seinen Job verlieren. Die Entscheidung will die Bahn aber erst Ende Februar bekannt geben. Die Ablösung von der Schulenburgs wird von den meisten Mitarbeitern und auch vom Betriebsrat gefordert.

Schulenburg war als Leiter des Bereichs Stadtverkehr im Bahnkonzern mitverantwortlich für den rigiden Sparkurs bei der S-Bahn, der zu einem Stellenabbau, dem Schließen von Werkstätten und dem Verschrotten von sogar noch einsatzfähigen Fahrzeugen und damit auch zum derzeitigen Chaos beigetragen hat.

Schulenburg wird bahnintern als „umgänglich und lustig“ beschrieben; mit seinen Aufgaben sei der Diplom-Landwirt aber überfordert. Er ist seit 1995 bei der Bahn und war einst persönlicher Mitarbeiter beim damaligen Bahnchef Heinz Dürr. 2006 übernahm er die Geschäftsführung im Bereich Stadtverkehr, in dem das Busgeschäft der Bahn sowie die beiden S-Bahnen in Berlin und Hamburg vereinigt sind. Rund die Hälfte des ausgewiesenen Gewinns beim Stadtverkehr steuerte in den letzten Jahren die Berliner S-Bahn bei, ein Viertel jeweils die S-Bahn in Hamburg sowie das Busgeschäft.

Der „wirtschaftliche Erfolg“ der S-Bahn war bereits im vorbereiteten Börsenprospekt der Bahn berücksichtigt. Abweichungen von den Gewinnvorgaben waren im Konzern unerwünscht. Dort herrschte nach Tagesspiegel-Informationen die Ansicht, die S-Bahn in Berlin sei qualitativ „zu gut“ aufgestellt – und könne kräftig geschröpft werden, ohne den Betrieb zu reduzieren.

Nach dem eigenmächtigen Aussteigen von Fahrgästen aus einer S-Bahn am Bahnhof Alexanderplatz am Dienstag hat der Chef des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg (VBB), Hans-Werner Franz, die S-Bahn aufgefordert, schnellstens ihr Informationssystem zu verbessern. Der Vorfall zeige, wie sehr die Nerven der Fahrgäste blank lägen. Fahrgäste hatten, wie berichtet, nach 40 Minuten Wartezeit wegen einer defekten Weiche den auf freier Strecke stehenden Zug eigenmächtig verlassen.

Seit Mittwochabend fahren im Ersatzverkehr zwischen Ostbahnhof und Potsdam auch wieder S-Bahnen aus Stuttgart. Heute kommen weitere fabrikneue Fahrzeuge hinzu, die für Nordrhein-Westfalen bestimmt sind.

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