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© Peters

Entgleisung: Defekte S-Bahn wurde ohne Kontrolle losgeschickt

Die Entgleisung einer S-Bahn am Sonntagmorgen hätte auch zu einem Zusammenstoß führen können. Im Fernverkehr müssen Züge bis zur Untersuchung stehen bleiben. Aufgrund der Reparaturarbeiten am Entgleisungsort kam es am Montag zu Unregelmäßigkeiten auf zwei S-Bahn-Strecken.

Es war reines Glück, dass nichts Schlimmeres passierte. Die am Sonntag früh bei einer Rangierfahrt im Betriebswerk Grünau entgleiste S-Bahn hätte auch schon vorher aus den Schienen springen können. Bei dem im Nachtverkehr auf der Linie S 8 (Grünau–Pankow) eingesetzten Zug waren nach Tagesspiegel-Informationen zuvor „laufuntypische Geräusche“ gemeldet worden. Nach der Entgleisung in Grünau ragte der Wagen ins Nachbargleis. Wäre dies auf freier Strecke passiert, hätte ein Zug aufprallen können.

Nach der Einfahrt in den Bahnhof Pankow sollte die Bahn deshalb aus dem Verkehr genommen werden. Weil nachts nur wenige Züge unterwegs sind, waren jedoch alle Abstellgleise in der näheren Umgebung besetzt. Die einzig freien Gleise im unterirdischen Nordbahnhof konnten nicht erreicht werden, weil Züge dieser Baureihe nach mehreren Bränden nicht mehr durch den Tunnel fahren dürfen. Es wäre auch möglich gewesen, einen Zug aus einer Abstellanlage herauszufahren. Dies hätte aber mehr Aufwand erfordert.

Ohne den Zug weiter untersuchen zu lassen, entschied sich der Fahrzeugdisponent, die Einheit als Leerfahrt ins weit entfernte Betriebswerk Grünau zu schicken; mit der Vorgabe, nicht schneller als 40 km/h zu fahren. Warum nicht zuvor ein dafür ausgebildeter Wagenmeister den Zug kontrolliert hatte, war bei der Bahn am Montag nicht zu klären. Unbeantwortet blieb bis Redaktionsschluss auch die Frage, ob es für solche Fälle klare Handlungsanweisungen gibt.

Im Fernverkehr dürfen Züge mit Laufwerksproblemen nicht weiterfahren, bis sie von einem Fachmann untersucht worden sind. „Vorher bewegen sie sich keinen Millimeter“, sagte ein Sprecher.

Bei der Ausfahrt der S-Bahn im Bahnhof Pankow gab es eine Fehlermeldung beim Passieren der Weiche; eine weitere Fehlermeldung folgte dann vor dem Entgleisen auch im Betriebswerk Grünau. Auch die Einfahrweiche in Pankow war beschädigt worden. Dies lässt nach Angaben von Fachleuten auf einen erheblichen Defekt am Fahrzeug schließen.

Da es aber keine Anzeichen für einen Systemfehler gebe, könnten die Züge dieser Baureihe weiterfahren, sagte der Sprecher des Eisenbahn-Bundesamtes, Ralph Fischer. Nach ersten Erkenntnissen seien weder Räder noch Bremsen Ursache der Entgleisung gewesen.

Weil Werkstattmitarbeiter am Entgleisungsort benötigt wurden, konnten nicht alle vorgesehenen Arbeiten an den Zügen ausgeführt werden; 14 Viertelzüge fehlten deshalb gestern im Fahrbetrieb, was zu kürzeren Zügen auf den Linien S 1 und S 2 führte. Der Senat will dies nach Angaben von Verkehrs-Staatssekretärin Maria Krautzberger künftig als Qualitätsmangel einstufen und den Landeszuschuss entsprechend kürzen.

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