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Gleise

© dpa

Externe Ermittlungen: S-Bahn – systematische Verstöße gegen Vorschriften

Der Deutsche-Bahn-Vorstand geht bei den gefälschten Prüfberichten von einer Beteiligung Vorgesetzter aus. Externe Ermittler wurden eingeschaltet.

Berlin - Die Deutsche Bahn hat externe Ermittler eingeschaltet, um die gravierenden Wartungsmängel und gefälschte Werkstattprotokolle bei der Berliner S-Bahn aufzuklären. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG und eine Anwaltskanzlei wurden mit Untersuchungen beauftragt, wie Bahn-Personenverkehrsvorstand Ulrich Homburg am Freitag in Berlin sagte. Er könne sich nicht vorstellen, dass „Unregelmäßigkeiten“ bei der Dokumentation sicherheitsrelevanter Instandhaltungsarbeiten ohne Anweisungen von Vorgesetzten passiert seien. Wann die Fahrgäste auf Entspannung hoffen können, ist unklar. Da nur ein Viertel der Züge eingesetzt werden kann, gilt weiter ein Notfahrplan.

Homburg sagte weiter, seit 2004 sei bei der S-Bahn „systematisch“ gegen Tauschvorschriften für Bremszylinder an den Zügen verstoßen worden. „Es sind Prüf- und Wartungsarbeiten dokumentiert worden, die nicht vollständig oder gar nicht durchgeführt wurden“, fügte Homburg hinzu. „Einige Dokumente suggerieren nur, dass etwas ausgeführt wurde.“ Die Vorgänge bewegten sich offensichtlich im strafrechtlichen Bereich. „Wir werden ohne Ansehen der Person die Verantwortlichen ermitteln und zur Rechenschaft ziehen.“

Wie berichtet, wurden entgegen den Vorschriften des Herstellers Teile der Bremsen nicht zum vorgeschriebenen Zeitpunkt ausgetauscht –  und damit Sicherheitsrisiken eingegangen. Homburg widersprach Gerüchten, wonach einzelne Arbeiter Prüfberichte gefälscht haben könnten. Es müsse eine „Anweisung von oben“ gegeben haben, von den Wartungsvorschriften abzuweichen. Allerdings habe die Bahn dazu bisher keine Unterlagen finden können, die auf die Verantwortlichen hindeuten könnten. Homburg sagte weiter: „Wir können nicht ausschließen, dass es andere Defekte bei Fahrzeugen gibt, die wir heute noch nicht kennen.“ Nach Informationen des Tagesspiegels werden in den Werkstätten gegenwärtig auch Haarrisse in den Drehgestellen der S-Bahn-Baureihe 480 behoben, indem die Teile verstärkt werden. Bisher waren nur Schäden an den Rädern und seit kurzem auch an den Bremsen bekannt. Bei der S-Bahn hieß es dazu: „Haarrisse sind nichts Außergewöhnliches.“ Diese würden im Rahmen der üblichen Instandhaltungen festgestellt und beseitigt. Diese Fälle seien auch nicht meldepflichtig. Auch die Aufsichtsbehörde, das Eisenbahnbundesamt, sieht darin kein sicherheitsrelevantes Problem, wie ein Sprecher sagte. Um die umfangreichen Reparaturen und Wartungen an Rädern, Bremsen und Drehgestellen durchzuführen, hat die Bahn 30 zusätzliche Fachleute aus ihrem Werk in Eberswalde in die Berliner Werkstätten abberufen.

Eine Mitverantwortung für die gravierenden Verstöße gegen die Wartungspflichten weist Homburg von sich. Er sei „bis zum 1. Juni nicht für die S-Bahn verantwortlich“ gewesen, sagte er. Homburg ist mitverantwortlich für den Sparkurs im Bahn-Konzern. Bei der S-Bahn Berlin liefen die Sparmaßnahmen unter dem Namen „Optimierung“. Sie führten zum Abbau von Stellen und zur Schließung von Werkstätten. Aufgrund dieser Maßnahmen mussten nach Auffassung des S-Bahn-Betriebsrates die Wartungsintervalle für die Fahrzeuge gestreckt werden. Homburg hat nach Informationen des Tagesspiegels den Verkehrsvertrag zwischen dem Land Berlin und der S-Bahn mitverhandelt. Bei der S-Bahn hieß es dazu: „Herr Homburg war zu keinem Zeitpunkt vor der Übernahme des Amts des Personenverkehrsvorstands im Juni für die S-Bahn Berlin zuständig.“ Bei der Staatsanwaltschaft gingen neue Anzeigen im Zusammenhang mit den Problemen bei den Rädern und den Wartungsversäumnissen bei den Bremsen ein. Ein Sprecher sagte, man nehme diese „ernst“. Seit Juni laufen Ermittlungen gegen die vier früheren Geschäftsführer der S-Bahn wegen „Gefährdung des Bahnverkehrs“. Dass diese direkt verantwortlich für die mangelhafte Wartung der Fahrzeuge sein könnten, wollte Homburg nicht bestätigen. Die Entlassung der vier Manager durch die Bahn sei deshalb erfolgt, weil sie als Geschäftsführer „für das Fehlverhalten mitverantwortlich“ seien – auch wenn ihnen dieses nicht persönlich zugeschrieben werden könne.

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