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Die BVG erhöht nächste Woche ihre Ticket-Preise.

© dpa

Leserdebatte: BVG erhöht Preise – aber grüne Energie ist ihr zu teuer

Andere Städte haben die Energiewende auch schon in den Verkehrsbetrieben vollzogen. In Berlin will die BVG aber weiter mit Atomstrom fahren. Wie denken Sie darüber, liebe Leserinnen und Leser? Würden Sie höhere Ticketpreise für ein ökologisch reines Gewissen in Kauf nehmen?

Am Mittwoch wird das Fahren mit Bahnen und Bussen teurer. Durchschnittlich steigen die Preise nach Angaben des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg (VBB) um 2,8 Prozent. Zum Teil sind die Sprünge allerdings viel größer. Die Verkehrsbetriebe begründen die „Tarifanpassung“ auch mit gestiegenen Energiekosten. Die hohen Preise für Diesel und Strom schrecken die BVG erst recht davor ab, auf Atomstrom zu verzichten und ökologisch vorbildlich mit „grünem Strom“ zu fahren. Andere Städte zeigen dagegen, dass ein Umstieg möglich ist.

Seit einem Monat fahren die Straßen- und U-Bahnen in Nürnberg mit Ökostrom aus Wasserkraftwerken in der Schweiz. Der grüne Strom sei nur unwesentlich teurer als der bisherige Strommix, der auch Atomstrom umfasst, sagt die Sprecherin der Nürnberger Verkehrsgesellschaft (VAG), Elisabeth Seitzinger. Das örtliche Stromunternehmen N-Energie, an dem die Stadtwerke die Mehrheit besitzen, hätten der VAG „einen sehr guten Preis gemacht“, der aber dem entspreche, was der Markt hergebe. Die einzelne Fahrt verteuere sich so lediglich im „Zehntel-Cent-Bereich.“

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Einer der Vorreiter beim umweltfreundlichen Fahren ist die Kasseler Verkehrs-Gesellschaft (KVG). Dort sind nach Angaben des Unternehmens alle Fahrzeuge CO2-neutral unterwegs. Die 79 Straßenbahnen fahren bereits seit Herbst 2007 klimaneutral mit Strom aus Wasserkraft, den der Verkehrsbetrieb über die Stadtwerke bezieht. Ein Teil des Bedarfs werde selbst produziert, ansonsten stamme der Strom aus Wasserkraftwerken in Skandinavien, sagte KVG-Sprecherin Heidi Hamdad. Und auch die Busse der KVG sowie jene ihrer Subunternehmen fahren rechnerisch ohne CO2-Ausstoß, denn das Unternehmen fördert für die rund 9000 Tonnen, die jährlich in die Luft gepustet werden, seit Juni 2010 Klimaschutzprojekte in Brasilien und China, die von den Vereinten Nationen zertifiziert sind. Dafür bringt das Unternehmen nach seinen Angaben ohne zeitliches Limit einen fünfstelligen Betrag auf.

Der Senat wollte für einen finanziellen Ausgleich sorgen - ist aber gescheitert.

Bei der wesentlich größeren BVG wären auch die Aufwendungen bei einem Umstieg auf Ökostrom erheblich höher. 17 Prozent des Bedarfs werden derzeit aus Atomkraftwerken bezogen. Jeder Prozentpunkt weniger würde Mehrkosten in Höhe von rund 100 000 Euro verursachen, sagt BVG-Chefin Sigrid Nikutta. Noch vor der Katastrophe von Fukushima habe man den Ausstieg geprüft, danach aber seien die Kosten für regenerative Energien so in die Höhe geschnellt, dass die Pläne zum Atomstromausstieg vorläufig aufgegeben worden seien. Versuche, vom Senat einen finanziellen Ausgleich zu erhalten, sind bisher gescheitert.

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In Hamburg unterstützt die Stadt den Bezug von Ökostrom bei der S-Bahn. Einzelheiten zu den Modalitäten nennt man aber nicht. Nach Angaben von Insidern hat man dabei lediglich Mittel umgeschichtet. Und die landeseigene Hamburger Hochbahn, die bisher ebenfalls Ökostrom aus norwegischen Wasserkraftwerken bezogen hat, ist Anfang des Jahres aus dem Projekt ausgestiegen. Bei Stromkosten in Höhe von rund 16 Millionen Euro waren dem Unternehmen die Mehrkosten von 300 000 Euro zu viel.

Die Mehrausgaben für den sauberen Strom rechnen sich aber – durch einen erheblichen Imagegewinn. Darin sind sich KVG-Sprecherin Hamdad und VAG-Sprecherin Seitzinger einig. Auch deshalb sei in Kassel die Zahl der Fahrgäste in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen, sagt Hamdad.

Ganz verabschiedet hat sich die BVG vom Verzicht auf Atomstrom auch noch nicht. Man wolle sich zumindest das Nürnberger Beispiel mit den geringen Mehrkosten ansehen, sagt BVG-Sprecherin Petra Reetz.

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