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Alles auf Stillstand. Die S-Bahn ist mit ihrem Winterfahrplan von der Normalität weit entfernt. Die Züge müssen aus technischen Gründen langsamer fahren denn je. Die Vorsichtsmaßnahme gilt auf alle Fälle bis zum Ende der Frostperiode.

© dpa

S-Bahn-Chaos: Im Schleichgang durch den Winter

Berlins S-Bahn ist so langsam wie nie: Bis zum Ende der Frostperiode fahren Züge nur noch Tempo 60. Fahrgäste müssen vor allem auf den Außenstrecken noch mehr Zeit einplanen.

Der Schleichfahrplan, den die S-Bahn am 24. Januar einführen will, soll den ganzen Winter über gelten. Offiziell nennt ihn die S-Bahn auch „Winterfahrplan“. Er wird, wie berichtet, für einen Betrieb mit einer Höchstgeschwindigkeit von nur 60 km/h statt wie bisher 80 km/h ausgerichtet. Dadurch verlängern sich die Fahrtzeiten vor allem auf Außenstrecken. Das ging mal schneller: Vor dem Krieg waren die sogenannten Bankierzüge der S-Bahn bereits mit Tempo 120 unterwegs.

Tempo 60 hatte die S-Bahn für ihre Züge bereits zum 17. Dezember angeordnet. Man hatte festgestellt, dass die Rohre, mit denen Sand auf die Schienen gestreut wird, um die Bremswirkung zu erhöhen, zugefroren waren. Später durften Züge mit aufgetauten Rohren wieder bis auf Tempo 80 beschleunigen, was den Fahrplan durcheinanderbrachte.

Bremssand gibt es nicht bei jedem Zug. In der für die Reichsbahn in Ost-Berlin entwickelten Baureihe 485 fehlen solche Anlagen; trotzdem sind die Bahnen für Tempo 80 zugelassen. In München hat man erst wenige Jahre alte Fahrzeuge jetzt nachgerüstet, um ein auch dort angeordnetes Tempolimit aufheben zu können.

Um jetzt wieder verlässlicher fahren zu können, richten sich vom 24. Januar an die Berliner Fahrpläne nach Tempo 60. Züge, die Sand streuen können, dürfen weiter auf Tempo 80 beschleunigen und können so Verspätungen aufholen. Der neue Fahrplan soll den gesamten Winter über gelten, so sei man „auf der sicheren Seite“, sagte ein Sprecher. Sollte sich herausstellen, dass es keine Probleme mehr mit eingefrorenen Rohren gibt, sei man eben übervorsichtig gewesen.

Dass es noch zwei Wochen dauert, bis der neue Fahrplan gilt, liege daran, dass es enorm schwierig sei, die Daten entsprechend zu ändern und anzupassen. Auch Anschlüsse beim Umsteigen müssten dabei berücksichtigt werden. Probleme kann es auf eingleisigen Strecken geben, wo sich Züge begegnen. Dort kann es nun zu Wartezeiten kommen. In der Innenstadt kann baubedingt auf der Ost-West-Stadtbahn und auch im Nord-Süd-Tunnel ohnehin nicht schneller als 60 km/h gefahren werden. Und auch auf dem Ring können die Züge selten voll beschleunigen, weil die Bahnhofsabstände sehr dicht sind.

Einen Fahrplan auf Basis der Tempo-60-Regelung hatte der Fahrgastverband Igeb bereits unmittelbar nach der Einführung des Tempolimits gefordert. Es sei besser, langsamer und pünktlicher zu fahren, als den Fahrplan stets durcheinanderzubringen. Zuletzt sei es aber gelungen, relativ pünktlich zu sein, sagte der S-Bahnsprecher.

Pünktlich zu fahren, lohnt sich auch für das Unternehmen. Verspäten sich die Züge um mehr als drei Minuten, wird der Zuschuss des Landes für den Betrieb gekürzt. Im vergangenen Jahr waren nur knapp 80 Prozent der S-Bahnen pünktlich. Im Verkehrsvertrag mit dem Senat und Brandenburg wird eine Quote von 96 Prozent verlangt.

Zugelassen sind die Züge der Baureihen 480 und 481 für Tempo 100. Bereits 2006 musste nach einem Unfall die Geschwindigkeit auf 80 km/h verringert werden. Vor dem Krieg durften S-Bahnen zwischen Zehlendorf und dem damaligen Potsdamer Bahnhof übrigens mit Tempo 120 rasen – auf extra dafür elektrifizierten Gleisen der Fernbahn. Die Züge wurden vorwiegend von Geschäftsleuten genutzt und deshalb „Bankierzüge“ genannt.

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