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Schneechaos 1978/79: Im Zug nach Nirgendwo

Vor 30 Jahren versanken Nord- und Ostdeutschland im Schneechaos. Flächendeckend brach der Verkehr zusammen. Tagesspiegel-Redakteurin Sandra Dassler war damals Lehrling bei der DDR-Reichsbahn und arbeitete im Zugbegleitdienst.

Am 29.Dezember 1978 musste ich früh raus – wie immer, wenn ich als Schaffnerin für den Städte-Express-„Rennsteig“ eingeteilt war. Die Express-Verbindungen zwischen den DDR-Bezirken und Berlin brachten Bauarbeiter, Kombinatsdirektoren und Parteifunktionäre morgens hin, abends zurück. Der „Rennsteig-Express“ fuhr kurz nach 4 Uhr im südthüringischen Meiningen los und war gegen 10 Uhr in Berlin. Abends sollte ich wieder zu Hause sein. Von wegen!

Bis kurz vor Berlin ging alles gut. Doch in Schönefeld ging nichts mehr: Glatteis, zugefrorene Oberleitungen, verwehte Weichen. Der Lokführer fluchte, er wusste, dass in solchen Situationen stets die Güterzüge Vorrang hatten. Eigentlich sollte der Zug in Lichtenberg ankommen. „Wir fahren zum Betriebsbahnhof Schöneweide“ hieß es nach stundenlangem Warten. Die Reisenden hatten längst den Zug verlassen, versuchten es mit der S-Bahn. Wir brauchten für die wenigen Kilometer bis Schöneweide zwölf Stunden. An eine Rückfahrt war nicht zu denken. In den Behelfsunterkünften erzählten Kollegen Horrorgeschichten von ihren Fahrten. Erst zwei Tage später war ich zu Hause.

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