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Stadtring: Gutachter will A 100-Pläne aus dem Verkehr ziehen

Die Anhörungen zum Weiterbau der A 100 laufen noch, aber ein Fachmann zieht nach Durchsicht der Planungsunterlagen bereits ein vernichtendes Fazit: Die Berechnung der künftigen Verkehrsströme sei lückenhaft, methodisch nicht nachvollziehbar und deshalb nicht gerichtsfest.

Die Anhörungen zum Weiterbau der A 100 laufen noch, aber ein Fachmann zieht nach Durchsicht der Planungsunterlagen bereits ein vernichtendes Fazit: Die Berechnung der künftigen Verkehrsströme sei lückenhaft, methodisch nicht nachvollziehbar und daher nicht gerichtsfest. Die Umweltverträglichkeit der gut drei Kilometer langen Trasse vom Dreieck Neukölln zum Treptower Park werde auf Basis einer vierspurigen Strecke bewertet, obwohl mindestens sechs Spuren gebaut werden sollen. Außerdem seien Alternativen unzureichend geprüft worden. Als Konsequenz bleibe, die Pläne gründlich zu überarbeiten und neu auszulegen.

Die Kritik kommt nicht überraschend, denn der Sachverständige Wulf Hahn vom Marburger Büro Regio-Consult hat sein Gutachten im Auftrag der Grünen- Fraktion erstellt, die sich seit langem gegen die Pläne engagiert. Hahns Berechnungen beruhen auf den vom Senat vorgelegten Eckdaten der Verkehrsprognose 2025, die für Berlin rund 15 Prozent weniger Pkw-Verkehr erwartet als im Bezugsjahr 2006. Dagegen soll der Verkehr schwerer Lastwagen um ein Viertel zunehmen. Diese Verschiebung bedeutet aus Sicht von Grünen-Verkehrspolitikerin Claudia Hämmerling: „Mit der verlängerten A 100 hätten wir eine neue Transitstrecke mitten durch die Stadt“. Die Sattelzüge seien meist überregional unterwegs, etwa durch Brandenburg bzw. von oder nach Osteuropa. Sie würden dann nicht mehr über den Berliner Ring fahren, sondern die kürzere Strecke wählen, die übers Dreieck Neukölln zum Treptower Park führt – und über die Elsenbrücke weiter bis zum Alexanderplatz, von wo es über die Prenzlauer Allee weitergeht zum Pankow-Zubringer, der A 114.

Die Frage, wie viele Anwohner anderer Straßen entlastet und wie viel Verkehr zusätzlich in die Stadt geholt wird, ist ein wesentlicher Punkt der Anhörung. Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) hat eine verfeinerte Verkehrsprognose für Februar angekündigt. Auf deren Basis wollen SPD- und Linksfraktion entscheiden, ob sie das zu Beginn dieser Woche gesperrte Geld für die weitere Planung wieder freigeben.

Aus Sicht des Gutachters Hahn hat der Senat einen weiteren gravierenden Fehler gemacht, indem er die – für die Lärmbelastung entscheidende – Zahl der Lkw schöngerechnet hat: Zähle man nicht nur den Schwerverkehr, sondern auch die Lieferwagen der „Sprinter-Klasse“ hinzu, komme man auf mehr als 4000 Lkw pro Tag, während die Planer nur mit 1770 rechneten. Die Konsequenz: Mehr Lärm – und mehr Lärmschutzbedarf, der womöglich im Nachhinein vom Land bezahlt werden müsse.

Die eigentlichen Baukosten von voraussichtlich 420 Millionen Euro übernimmt der Bund. Hinzu kommen Planungskosten fürs Land, die die Verwaltung auf etwa 20 Millionen Euro beziffert hat. Hämmerling dagegen berichtet, dass im Hauptausschuss des Parlaments „eher von 60 Millionen“ die Rede gewesen sei.

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