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Monatelang haben Bürger gegen die Gebühren demonstriert – wie etwa Wilfried Henze aus dem Pankower Ortsteil Französisch Buchholz (r.). Anrainer des Tilla-Durieux- Parks (o.) am Potsdamer Platz müssen hingegen zahlen: Bei ihnen geht es um die „Erschließungsbeiträge für Infrastrukturen“.

© Kitty Kleist-Heinrich

Straßenausbaubeitragsgesetz: Geldregen für Anrainer

Der Senat wird wohl das Straßenausbaubeitragsgesetz zurücknehmen. Einige Bezirke müssen an Anwohner zurückzahlen – es geht um 624 000 Euro.

Die Anlieger von mehr als 200 Straßen, die auf Kosten der Grundstückseigentümer ausgebaut werden sollten, können offenbar aufatmen. Schon auf seiner Sitzung am heutigen Dienstag könnte der Senat die Aufhebung des umstrittenen Straßenausbaubeitragsgesetzes beschließen. Es müsste dann noch vom Abgeordnetenhaus bestätigt werden. Knapp 624 000 Euro, die in sechs Bezirken bereits kassiert wurden, sollen dann an die Betroffenen zurückgezahlt werden.

Die entsprechende Vorlage wurde von Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) zur Tagesordnung der heutigen Senatssitzung angemeldet. Sie wurde dem Vernehmen nach von Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für SPD) mitgezeichnet. In der Koalitionsvereinbarung hatte die CDU die Aufhebung des Gesetzes durchgesetzt.

In den Bezirken Friedrichshain-Kreuzberg, Lichtenberg, Mitte, Reinickendorf, Spandau und Steglitz-Zehlendorf sind bereits Beiträge von betroffenen Anliegern ausgebauter Straßen erhoben worden. Dagegen war es laut dem Verband Deutscher Grundstücksnutzer bei der bisher höchsten Einzelforderung nicht zur Bezahlung gekommen. Für ein Gewerbegrundstück an der Pasewalker Straße in Pankow sollten 143 000 Euro fällig werden.

Der größte Anteil entfällt mit 209 000 Euro auf den Bezirk Lichtenberg, der am frühesten mit der Umsetzung des Gesetzes begonnen und bereits 99 Grundstückseigentümer in sieben Straßen zur Kasse gebeten hatte. In diesem Jahr hätte man 400 000 Euro, 2013 sogar etwa 600 000 Euro erheben müssen, so Stadtentwicklungs-Stadtrat Wilfried Nünthel (CDU). Sobald das Gesetz verabschiedet ist, will er sich für eine schnelle Rückzahlung an die Betroffenen einsetzen.

Nicht unter das Gesetz hingegen fallen die sogenannten Erschließungsbeiträge für Infrastrukturen, die erstmals angelegt werden. So können auch die gut 100 Anlieger des Tilla-Durieux-Parks am Potsdamer Platz nicht auf eine Entlastung hoffen. Wie berichtet, hatte das Verwaltungsgericht im Februar bestätigt, dass die Beträge zwischen 3000 und 100 000 Euro, die der Bezirk Mitte von den Betroffenen fordert, rechtens sind. Anders am Leipziger Platz, wo das Verwaltungsgericht den Bezirk in mehreren Eilentscheidungen zur Rückzahlung von Erschließungsbeiträgen in sechsstelliger Höhe verpflichtete, weil Mitte es versäumt habe, alle von der Erschließung profitierenden Grundstücke in die Kostenverteilung einzubeziehen.

„Wir sind rundum zufrieden“, sagt Peter Ohm, Präsident des Verbandes Deutscher Grundstücksnutzer (VDGN). Wenn der Senat das Gesetz zur Aufhebung des Gesetzes heute beschließe, sei er „sehr optimistisch“, dass es noch vor der Sommerpause auch das Abgeordnetenhaus passieren werde und zeitnah mit den Rückzahlungen begonnen werde. Darüber sei man besonders erfreut, denn alles andere wäre „eine schreiende Ungerechtigkeit“ gewesen. Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) habe „die Ärmel hochgekrempelt und kontinuierlich daran gearbeitet“, lobte Ohm die jetzt erreichte Lösung. Die Tendenz sei gewesen, die Straßen verkommen zu lassen, um sie dann unter dem Gesetz auf Kosten der Anlieger auszubauen, sagte der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer, Christian Wiesenhütter. Man sehe die Aufhebung des Gesetzes „mit großer Genugtuung, sie ist eine saubere Lösung, ein klarer Schnitt“. Als „sehr positiv“ würdigte Wiesenhütter, dass „die Politik hier Selbsterkenntnis bewiesen hat“.

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