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Stoßstange an Stoßstange über die Frankfurter Allee: Im Berufsverkehr liegt besonders viel Feinstaub in der Luft.

© Gero Breloer

Gesundheitsrisiko Feinstaub: Ungesunde Straßen

Wer in der Nähe von Hauptverkehrs-Achsen wohnt, stirbt früher. Feinstaub ist schuld, sagt eine Studie aus Nordrhein-Westfalen. Ob Berlins Umweltzone hilft, ist umstritten.

Die Frankfurter Allee gehört in Berlin zu den Spitzenreitern bei Lärm und Abgasen. Über 40 000 Autos fahren täglich über die Straße, an manchen Abschnitten sind es noch mal 30 000 mehr. Die gefährden die Gesundheit der Anwohner beträchtlich – das jedenfalls legt eine neue Studie des Landesamts für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen nahe, die in dieser Woche veröffentlicht werden soll und dem Tagesspiegel bereits vorliegt. Das Ergebnis: Wer jahrelang 50 Meter oder weniger von viel befahrenen Straßen entfernt wohnt und dadurch einer höheren Feinstaubbelastung ausgesetzt ist, stirbt früher und leidet deutlich häufiger an Herz- Kreislauf- und Lungenerkrankungen als Personen, die weiter entfernt oder in ländlichen Regionen wohnen. Untersucht wurden zwar nur Frauen, doch die Ergebnisse könnten auch auf Männer übertragen werden, heißt es.

Insgesamt wurden 4750 Frauen und deren Todesursachen im Ruhrgebiet von 2002 bis 2008 analysiert, davon wohnten zwei Drittel in Großstädten. Die Studie mache deutlich, „dass weiterhin erhebliche Anstrengungen zur Reduktion der Feinstaubbelastung durch den Straßenverkehr erforderlich sind“, heißt es. Allerdings endete die Untersuchung, als in Berlin die Umweltzone eingeführt wurde.

Der ADAC kritisiert die Zone seit jeher als wirkungslos. Ein Sprecher der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung aber sagt, die Grenzwerte würden nur an wenigen Tagen im Jahr überschritten – und dann nur, weil aus dem Osten Feinstaub herbeigeweht werde. „Wir sind stolz auf die Umweltzone“, sagt Martin Lutz, der das Fachgebiet Luftreinhalteplanung der Umweltverwaltung leitet. Neue Messungen hätten gezeigt, dass der Ausstoß des gefährlichen Dieselruß im Vergleich zu einem Berlin ohne Umweltzone um die Hälfte gesunken sei. Doch die Zone sei „kein Allheilmittel. Wir müssen mehr machen.“ Elektromobilität verspreche langfristig Erfolge. Bus und Bahnen müssten attraktiver, Radwege ausgebaut werden, damit die Autofahrer umsteigen, sagt Lutz. Bisher werde von der rot-roten Regierung genau das Gegenteil gemacht, entgegnet Claudia Hämmerling, verkehrspolitische Sprecherin der Grünen–Fraktion im Abgeordnetenhaus. Jutta Matuschek, verkehrspolitische Sprecherin der Linksfraktion, glaubt, dass Berlin das Feinstaubproblem nicht allein lösen könne, solange der Staub weiterhin mit dem Wind aus Brandenburg, Polen und Tschechien herbeigeweht werde. Auch Henner Schmidt, umweltpolitischer Sprecher der FDP, will dort ansetzen.

Verkehrsreiche Straßen wurden in der Studie übrigens bereits ab 5 000 Fahrzeugen pro Tag definiert. In Berlin gibt es unzählige Straßen, auf die das zutrifft. Allein vom Kreuzberger Mehringdamm gehen fünf davon ab. Über den Mehringdamm selbst fahren täglich sogar über 40 000 Autos.

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