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Verkehr: Experten warnen vor Fusion von BVG und S-Bahn

1984 übernahm die BVG die S-Bahn. Experten stehen einer erneuten Fusion kritisch gegenüber. So entstünde ein "Staat im Staat".

Die Fachwelt ist irritiert. Vor kurzem hat der Senat seinen Vorschlag aufgewärmt, den Betrieb der S-Bahn der BVG zu übertragen und damit alle Probleme der S-Bahn zu lösen. Schließlich hatte die BVG schon einmal, von 1984 bis 1994, im Westteil der damals noch getrennten Stadt, die S-Bahn in eigener Regie geführt. Kenner der Branche warnen allerdings vor einem solchen Schritt.

Würde die BVG den gesamten Nahverkehr in der Stadt bestreiten, schaffe man einen Staat im Staat, warnt Engelbert Recker vom Verband Mofair, der sich für einen Wettbewerb im Nahverkehr einsetzt. Zudem müsse die BVG zunächst ihre eigenen Probleme lösen. Auch dort gibt es, wie berichtet, zu wenig Fahrer und Fahrzeuge. Zudem ist das Unternehmen bereits jetzt hoch verschuldet. Für den Betrieb der S-Bahn müsste die BVG – oder das Land – Milliardenbeträge investieren, schon allein, um Fahrzeuge kaufen zu können.

Als die BVG den Betrieb 1984 von der Reichsbahn der DDR übernommen hatte, erhielt sie auch Fahrzeuge dafür, allerdings die ältesten Typen. Personal wurde ebenfalls gestellt, zum Teil waren die Mitarbeiter allerdings bereits im Rentenalter. Jetzt müsste die BVG bei einer Vergabe an sie den Betrieb fast ohne Starthilfe stemmen. Denn während die Reichsbahn damals froh war, den defizitären Betrieb loszuwerden, setzt die Bahn AG heute alles daran, den für sie gewinnbringenden Betrieb der S-Bahn zu behalten. Dass die Bahn die BVG unterstützen würde, wenn sie zuvor ausgebootet worden ist, gilt in der Branche als unwahrscheinlich. Schon jetzt verschrottet der Konzern lieber Fahrzeuge als sie an Konkurrenten zu verkaufen.

1984 bekam das Land auch den Zugriff auf die Gleisanlagen und Bahnhöfe, die sie so in eigener Regie sanieren konnte. Jetzt wäre aber auch bei der Vergabe des Betriebs an die BVG der Bahnkonzern weiter für die Bereiche Netz und Bahnhöfe zuständig. Die BVG müsste für das Nutzen sogenannte Trassen- und Stationspreise zahlen und wäre hier der Bahn bei der Höhe fast ausgeliefert. Allerdings ist die Bahn hier inzwischen auch von der Bundesnetzagentur etwas gebremst worden. Außerdem baut die Bahn in den nächsten Jahren ein völlig neues Signalsystem bei der S-Bahn ein, auf das sich ein neuer Betreiber einstellen muss.

Am meisten profitieren würde das Land von einer Ausschreibung des Betriebs, ist Recker überzeugt. Eine Ansicht, die auch der Chef des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg, Hans-Werner Franz, teilt. Bei Ausschreibungen im Regionalverkehr hat der Wettbewerb bisher dazu geführt, dass sich die Zuschüsse verringert haben. Auch die Bahn hat dabei ihre Preise gesenkt. Zuletzt hat sie unter anderem die Ausschreibung für die S-Bahn Hannover gewonnen.

Bis zum Jahresende will die Stadtentwicklungsverwaltung entscheiden, ob sie den Betrieb der S-Bahn zunächst ab Ende 2017 auf dem Ring an die BVG vergibt oder die Leistung ausschreibt. Die dritte Option, die S-Bahn zu kaufen, ist vom Bahnkonzern schon mehrfach abgelehnt worden.

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