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Verkehrschaos: Bericht macht S-Bahner wütend

Im Prüfbericht werden die wahren Verantwortlichen für das Verkehrschaos nicht benannt, meint der Betriebsrat der S-Bahn. Derweil kritisiert die Opposition im Bundestag die Konzernführung.

Das Chaos bei der S-Bahn ist nach Ansicht des Betriebsratsvorsitzenden Heiner Wegner vor allem auf Entscheidungen im Mutterkonzern Deutsche Bahn (DB) zurückzuführen. Der am Dienstag vorgelegte Prüfbericht mache ihn „wütend“. Der Bericht der Kanzlei Gleiss Lutz benenne nicht die wahren Verantwortlichen, sondern schiebe alle Schuld auf die S-Bahn.

„Absolut nicht nachvollziehbar“ ist für Wegner, dass dem Bericht zufolge technische Mängel und systematische Manipulationen von Prüfintervallen Ursachen für das Chaos seien. „Ich finde es schon bemerkenswert, dass man allein die S-Bahn-Führung dafür verantwortlich macht“, sagte er der Agentur ddp. „Die S-Bahn durfte gar keine eigene Entscheidung treffen.“ Selbst Kleinigkeiten hätten genehmigt werden müssen.

Die S-Bahn Berlin sei bis 2004 ein erfolgreiches und intaktes Unternehmen gewesen. Ein „schädlicher“ neuer Kurs ab 2003 habe aber für zunehmende Schwierigkeiten gesorgt. „Alle Kritiker wurden kaltgestellt, auch der frühere Geschäftsführer Günter Ruppert“, sagte Wegner. Als „regelrecht falsch“ bezeichnete der Betriebsrat Aussagen im Bericht, wonach der DB-Aufsichtsrat über die Probleme nicht im Bild war. „Der damalige Aufsichtsratschef Hermann Graf von der Schulenburg wurde von mir und meinem Vize im Herbst 2008 persönlich über die Missstände informiert.“ Von der Schulenburg habe ihm allerdings mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen gedroht, sollte er mit Details an die Öffentlichkeit gehen, berichtete Wegner.

Auch der Chef des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg, Hans-Werner Franz, bemängelt an dem Bericht, er lasse „die Fehlsteuerung des DB-Konzerns völlig außer Acht“. Fragen nach den Verantwortlichkeiten für das Desaster blieben weiter ungeklärt. Die Verkehrsexpertin der Linken, Jutta Matuschek, bezeichnete die Entlastung des Aufsichtsrats in dem Bericht als „unglaubwürdig“.

Die Opposition im Bundestag befürchtet, dass sich die Managementprobleme nicht nur auf die S-Bahn Berlin beschränken. „Die Mängel sind offenbar Bahn-immanent, es hat sie womöglich nicht nur bei der S-Bahn gegeben“, sagte Uwe Beckmeyer, verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion. Die Bahn solle belegen, dass das Qualitätsmanagement im Konzern „nach dem neuesten wissenschaftlichen Stand“ erfolge. Der Grünen-Verkehrsexperte Anton Hofreiter sieht das Problem in der Unternehmenskultur der Bahn. „Die Leute trauen sich nicht, Probleme offen anzusprechen, weil das zu Schwierigkeiten und womöglich höheren Kosten führt“, bemängelte er.

Bahn-Chef Rüdiger Grube kündigte in einer Sitzung des Verkehrsausschusses Teilnehmern zufolge an, eine Gruppe von 20 Experten einzurichten, die sich alle technischen Probleme der Bahn anschauen soll. Bundesverkehrsminister Peter Raumsauer (CSU) erklärte, die Gewährleistung der Sicherheit gehöre zu den wichtigsten Parametern, die die Bahn erfüllen muss. Er verlangte „schnellstmöglich“ Erfolge bei der Aufarbeitung der Sicherheitsdefizite bei der S-Bahn und bei den Achsen der ICE-Züge. Bei der S-Bahn sei ansonsten „das Nötige veranlasst worden“. Die Aufarbeitung dauere aber noch. Soweit es „Fehlleistungen“ von Seiten des Managements gegeben habe, werde sich die Justiz darum kümmern.

Heute will die Bahn mitteilen, wann die Kunden für das Desaster entschädigt werden sollen. Dem Vernehmen nach werden sie sich bis Ende des Jahres gedulden müssen. brö/kt

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