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Tempelhof

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Volksbegehren: 30.000 Unterschriften für Tempelhof

"Uns hat der Lärm nie gestört": In Bezirken unter der Einflugschneise ist die Zustimmung zum Flughafen Tempelhof am größten. Die geringste Resonanz kommt aus Marzahn.

Wolfgang Müller hat als Zehnjähriger die Rosinenbomber erlebt, wohnt seit seiner Kindheit unter der Einflugschneise in der Nähe des Innsbrucker Platzes in Schöneberg. „Uns hat der Lärm nie gestört, ohne die Flugzeuge nach Tempelhof wären wir während der Blockade verhungert. Der Flughafen muss für Kleinflugzeuge erhalten bleiben.“ Müller spricht von „emotionaler Bindung“ an den Flughafen Tempelhof, das Gelände dürfe nicht brachliegen oder mit Häusern bebaut werden, „die dann doch leer stehen“. Der 69-Jährige ist mit seiner Frau Helga am Montag ins Bürgerbüro des Rathauses Schöneberg gekommen, um dem Volksbegehren „Tempelhof bleibt Verkehrsflughafen“ weiteres Gewicht zu geben. Fast 30 000 Unterschriften wurden seit Mitte Oktober gesammelt, 170 000 müssen bis zum 14. Februar für ein erfolgreiches Volksbegehren gesammelt sein.

Was die Initiatoren des Volksbegehrens, die Interessengemeinschaft City- Airport-Tempelhof (ICAT), selbst erstaunt, ist die große Zustimmung gerade in den Bezirken unter der Einflugschneise und in unmittelbarer Nachbarschaft des Flughafens. Tempelhof-Schöneberg führt mit nahezu 7000 Unterschriften die Bezirksliste an. Steglitz-Zehlendorf bringt es auf weit über 5000, Neukölln auf 4000, gefolgt von Charlottenburg-Wilmersdorf mit 3700. Das entferntere Reinickendorf steuert 2400 Unterschriften bei, Mitte 1800, Treptow-Köpenick 800. Die geringste Resonanz registrierte der Landeswahlleiter mit bislang knapp 300 Unterschriften in Marzahn-Hellersdorf.

Im Rathaus Schöneberg wird ständig nach Unterschriftenbögen gefragt. Gabriele Kruse, Jahrgang 1947, und ihr Mann Bernhard wollen unterschreiben. Sie ist „mit dem Flughafen groß geworden“, lebt seit der Kindheit unter der Schöneberger Einflugschneise. Sie lobt die Service-Funktion Tempelhofs „mitten in der Stadt“, was sie als Mitarbeiterin einer Pharmafirma bei Dienstreisen zu schätzen gewusst habe. Für Kleinflugzeuge sollte Tempelhof zur Entlastung Schönefelds erhalten bleiben, sagt sie. Ihr Mann meint, selbst die „vierstrahlige Maschine nach Brüssel“ jeden Morgen kurz nach sieben werde kaum als Störung empfunden. Die Flugzeuge seien „deutlich leiser“ geworden. Sollte das Volksbegehren zum Erfolg führen, müsste die Politik auch die Lehren daraus ziehen. Die Wilmersdorfer hätten doch auch erfolgreich gegen zahlpflichtige Parkzonen gekämpft.

An 55 Auslegestellen in Bürgerämtern, Bibliotheken und anderen öffentlichen Gebäuden sind die Unterschriftenbögen erhältlich, der Landeswahlleiter erfasst einmal wöchentlich die aktuellen Zahlen. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung will sich dazu nicht näher äußern. Sie setzt darauf, dass der Flughafen Ende Oktober 2008 geschlossen wird. Ihr öffentlicher Onlinedialog mit Ideen zur Nachnutzung ist erst einmal abgeschlossen, am 2. November sollen die zehn Topvorschläge präsentiert werden. Viele Teilnehmer wollen Grün- und Sportflächen oder auch Einfamilienhausgebiete, sind für „Spontanvegetation“, Uni-Bereiche, auch ein Mahnmal Deutsche Einheit wird vorgeschlagen.

Für Wolfgang Müller aber sollte der Flughafen als Mahnmal an die Luftbrücke in Betrieb bleiben.C. v. L.  

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