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Wartungschaos: VBB will neues Gutachten zur S-Bahn

Die Gründe für das Desaster bei der S-Bahn müssen nach Ansicht des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg durch ein neues Gutachten geklärt werden, das der Bund in Auftrag geben soll.

Berlin - Der in der vergangenen Woche vorgelegte Bericht der Anwaltskanzlei Gleiss Lutz lasse zu viele Fragen offen, kritisierte am Dienstag Hans-Werner Franz, Chef des Verkehrsverbunds Berlin-Brandenburg. Vor allem werde die Rolle des Konzerns, der Auftraggeber des Berichts war, weitgehend ausgeklammert. Der Konzern weist dies zurück.

Während der Bericht der Kanzlei, die seit Jahren Aufträge von der Bahn erhält, keinen Zusammenhang zwischen dem Sparkurs des Unternehmens und dem derzeitigen Chaos bei der S-Bahn sieht, führt Franz die Misere vor allem auf diese Politik zurück, die vom Konzern vorgegeben worden sei. Deshalb seien Werkstätten geschlossen, Personal reduziert und Fahrzeuge verschrottet worden. Die Reserve sollte von 17 Prozent auf 6,9 Prozent verringert werden, was nach Angaben der Bahn aber nicht umgesetzt worden ist. Die Reserve liege heute bei elf Prozent. Franz bemängelte zudem, dass die Bahn die Langfassung des Berichts unter Verschluss halte.

Gleiss Lutz habe das Werk völlig unabhängig erstellt, konterte ein Bahnsprecher. Der Bericht kritisiere auch unternehmerische Maßnahmen des Konzerns. Gleiss Lutz sei ausgewählt worden, weil die Kanzlei eine „besondere Erfahrung im Sicherheitsrecht im Eisenbahnverkehr“ vorweisen könne. Ursprünglich hatte die Bahn angekündigt, den Bericht gemeinsam von Gleiss Lutz und der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG erstellen zu lassen. Die Wirtschaftsprüfer, die bisher weniger Aufträge von der Bahn erhielten, kamen aber nicht zum Zug.

Ausschlaggebend für den „betrieblichen Beinahezusammenbruch“ der S-Bahn sei ein „nach den heutigen Erkenntnissen insgesamt mangelhaft konstruiertes Fahrzeug“, sagte der Bahnsprecher. Mängel an der Reihe 481, von denen die S-Bahn 1000 Wagen besitzt, gibt es vor allem bei den Achsen, den Rädern und der Bremsanlage. Zum Zeitpunkt der Konstruktion in den neunziger Jahren seien allerdings die damaligen Normen eingehalten worden, sagte Franz, was die Bahn aus heutiger Sicht bezweifelt.

Am 1. Mai 2009 war an einem Wagen ein Rad gebrochen. Wären die Züge öfter kontrolliert worden, hätte man den Riss vor dem Bruch rechtzeitig bemerken können, sagte Franz. Die Untersuchungsfristen waren aber, auch um Kosten zu sparen, vor Jahren verlängert worden. Und der massenweise Ausfall von Zügen im September 2009 war auf mangelhaft gewartete Bremsanlagen zurückzuführen.

Die S-Bahn hatte danach versprochen, die Werkstattabläufe komplett zu durchforsten, um alle möglichen Mängel auch an den Fahrzeugen finden zu können. Trotzdem kam erst in der vergangenen Woche heraus, dass auch die Räder der Baureihe 485 nicht regelmäßig untersucht worden waren. Dass auch die Räder dieser älteren Züge wie bei der Reihe 481 zusätzlich per Wirbelstrom geprüft werden müssen, sei der neuen Geschäftsführung nicht bekannt gewesen, teilte ein Bahnsprecher mit. Von den 60 Doppelwagen dieser Reihe waren 29 ohnehin nicht einsatzfähig.

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