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Verkehrschaos in Brandenburg: Wer nicht spurt, fliegt raus

Auf den Brandenburger Autobahnen wird nur auf einem Teil der Fahrbahn Salz gestreut – doch teilweise überfriert die Nässe. Überholer kommen ins Schleudern.

Neuruppin - Die Meldung in den Verkehrsnachrichten klang wenig verheißungsvoll: „Auf den Autobahnen wird nur die rechte Fahrspur gesalzt. Die Überholspur ist dementsprechend glatt. Es ist daher besondere Vorsicht geboten.“ Der Sprecher fügte den Ratschlag hinzu, das Auto möglichst stehen zu lassen. Aber das ist gerade in diesen Tagen leichter gesagt als getan. Die Straßen sind voll, warten doch Verwandte, Freunde und ab heute wieder die Geschäfte zum Einlösen der vielen Gutscheine.

Schon an den meisten Auffahrten zu den Brandenburger Autobahnen zeigten sich über die Feiertage die Folgen der nur einseitig gestreuten Fahrbahnen: Eine endlos scheinende Kolonne schlich mit Tempo 50 oder maximal 60 vorbei. Ein Einfädeln war kaum oder nur mit viel Mut möglich. Autofahrer, die andere einschwenken lassen wollten, mussten bremsen und brachten sich auf der trotz Salzbehandlung spiegelglatten Fahrbahn selbst in Gefahr, weil kein Ausscheren möglich war.

So aber bewegte sich über die Feiertage doch noch etwas, wenn sich auch die Fahrtzeiten verdoppelten oder gar verdreifachten. Das lag zumindest tagsüber nicht an quer stehenden oder umgestürzten Lastwagen. Die durften zum Glück nur in Ausnahmefällen auf die Piste. Der Blick auf die Gegenspur lüftete das Geheimnis. Wenn am Steuer des ersten Autos ein ungeübter oder verängstigter Fahrer saß, der sich nur bis zum zweiten oder dritten Gang wagte, schlichen mehrere Dutzend Fahrzeuge notgedrungen hinterher. Wenn sich doch einmal jemand auf das Eis der Überholspur wagte, kam er nicht selten gehörig ins Schleudern. Auf der Strecke von Berlin nach Hamburg blieben am Sonntagmorgen solche Versuche fast gänzlich aus. Abschreckende Beispiele verfehlten ihre Wirkung nicht. Waghalsige Überholer, deren Kennzeichen man sich ausgiebig merken konnte, standen wenig später entgegen der Fahrtrichtung an den Leitplanken. Sie hatten vergeblich probiert, wieder auf die rechte Spur zu gelangen. Der Eispanzer wurde selbst größeren Geländewagen zum Verhängnis.

Einige Park- und Rastplätze glichen einem Schrottlager. Die Abschleppfirmen konnten sich nicht anders helfen und stellten die verbeulten Karossen kurzerhand hier provisorisch ab, während sich die gestrandeten Insassen bei einem Kaffee oder Tee aufwärmten und über den völlig überforderten Winterdienst schimpften. „Schlamperei“, „Verantwortungslosigkeit“ oder „Riesensauerei“, lauteten noch die zurückhaltenden Äußerungen. Alle fragten sich, warum die Salzlager schon jetzt völlig leer gefegt seien. „Der letzte Winter liegt doch gerade ein Dreivierteljahr zurück“, hieß es an den Tischen. Immer wieder war zu hören, dass es früher „so etwas“ nicht gegeben hatte. Salz sei jedenfalls immer genügend vorhanden gewesen.

Wer die Tortur auf der Autobahn geschafft hatte, sah sich auf vielen Bundes- und Landesstraßen gerade im Norden und Nordosten dem nächsten Dilemma ausgesetzt. Schneewehen machten ein Fortkommen vielerorts unmöglich. Ungehindert blies der Wind die Flocken zu teilweise meterhohen Barrieren zusammen. Schneezäune, die einst gegen solche Phänomene erfunden worden waren, sind fast gänzlich aus der Landschaft verschwunden. Oft halfen nur die Trecker der Bauern, die die Autos wieder aus dem Schnee zogen. Dann blieb nur die Fahrt zurück – in eine im Schneckentempo kriechende Kolonne auf der Autobahn.

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