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Alles klar? „Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten“ steht auf dem Schild. Hier suchen Menschen die „Ausländerbehörde“.

© Doris Spiekermann-Klaas

Verloren im Moabiter Amt: Wo geht’s denn hier zur Ausländerbehörde?

Die Ausländerbehörde ist eine der wichtigsten Behörden für Zuwanderer in Berlin. Wer nicht Deutsch spricht, steht jedoch auf verlorenem Posten. Schon das Eingangsschild mit der sperrigen Aufschrift „Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten“ sorgt für Verwirrung.

Das Paar aus Nigeria schaut sich hilflos um. Schon zum zweiten Mal läuft es einen der langen Gänge ab, unsicher, ob es im richtigen Haus, im richtigen Stockwerk gelandet ist. Schließlich bleibt es stehen und schaut hektisch in seine Papiere. In einem Wartezimmer des Büroblocks, der sich von der Straße her düster-grau am Friedrich-Krause-Ufer in Moabit erhebt, sitzt ein junger Amerikaner. Er ist froh, den Raum gefunden zu haben: zweiter Stock, Haus C, Sachgebiet Z6.

Willkommen in der Ausländerbehörde, jenem Amt, das die wichtigste Anlaufstelle für in die Stadt kommende Migranten ist. Die deutsche Bevölkerung erfährt von dieser Verwaltung in der Regel nur etwas, wenn wieder einmal Scheiben aus Protest gegen die deutsche Einwanderungs- oder Asylpolitik eingeschmissen wurden. In der Behörde prüfen die Mitarbeiter, wer nach dem Aufenthaltsrecht in Deutschland bleiben kann und wer nicht. Sie treffen existenzielle Entscheidungen, die einem Leben eine ganz neue Richtung geben können.

Hinweise gibt es nur auf Deutsch

Der Amerikaner möchte nur für ein Dreivierteljahr in Deutschland leben und arbeiten. Als er vor dem Gebäudekomplex steht, ist er irritiert. Auf keinen Fall will er zu spät zu dem im Internet gemachten Termin kommen. Groß steht am Eingang „Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten“ (Labo); Ausländerbehörde liest er dort nicht, und dahin will er. Dass diese eine Abteilung des Labo ist, weiß er nicht. Dann erkennt er an der Seite doch noch ein kleines Schild mit der richtigen Aufschrift „Ausländerbehörde“.

Die Orientierung in der aus mehreren Gebäuden bestehenden Anlage ist nicht leicht. Wer kein Deutsch spricht wie viele der Besucher, findet auf den Schildern nur wenig Hilfe. Hinweise gibt es lediglich auf Deutsch. Das ist auch gewollt, mehrsprachige Hinweise seien zu unübersichtlich, teilt die Senatsinnenverwaltung mit. Deshalb habe man sie wieder abgeschafft. Und Englisch allein hilft laut Verwaltung auch nicht weiter, da die meisten der „Kunden“ Türkisch oder Kurdisch sprechen. Im Internet immerhin gibt’s die wesentlichen Informationen auf Englisch, Französisch, Russisch und Türkisch.

Im Haus selber soll ein Leitsystem mit Piktogrammen und Farben den Weg vom Eingang bis zur richtigen Abteilung weisen. Dazu muss man dieses als solches aber auch wahrnehmen. Dass er nur auf grüne Schilder zu seinem Sachgebiet hätte achten müssen, war dem Amerikaner beispielsweise gar nicht bewusst. Auch Experten halten das Verfahren für verbesserungsfähig.

Wohlfahrtsverbände verteilen "Willkommenspakete"

Für Canan Bayram, integrationspolitische Sprecherin der Grünen im Abgeordnetenhaus, gehört es zur „Willkommenskultur“, die Orientierung innerhalb der Behörde so verständlich wie möglich zu gestalten. „Wer schon eine Weile über die Flure irrt, ist angespannter bei dem Termin“, sagt Bayram. Dann könnten Missverständnisse viel eher auftreten. Und die sind dort häufig. Die Sachbearbeiter sprechen Deutsch, die Besucher meist nicht. Ein Dolmetscher wird nicht automatisch hinzugezogen. Die Mitarbeiter hätten die Möglichkeit, englische Sprachkurse zu absolvieren, sagt die Behörde. In diesem Jahr nahmen 30 Beschäftigte an einer solchen Weiterbildung teil.

Von Kursen in türkischer oder kurdischer Sprache, die ja ein Großteil der Kunden nach Verwaltungsangaben spricht, sagt die Behörde nichts. Sie verweist aber darauf, dass jeder Besucher über die Wohlfahrtsverbände ein sogenanntes Willkommenspaket erhält, einen Ordner mit vielen wichtigen Informationen und Adressen von Beratungsstellen. Die Grünen wollen sich an diesem Donnerstag ein Bild über die Willkommenskultur und die interkulturelle Öffnung der Ausländerbehörde machen.

Im Wartezimmer ein Bezirksquiz

Sie werden vielleicht die Warteräume sehen. Dort verbringen manche Besucher viele Stunden. Auf Flachbildschirmen flimmert da das „Warte TV“. Es bietet ein Quiz über Reinickendorf oder Infos über den 1. FC Union. Auf Deutsch. „Werbung, die hängenbleibt“, so preist sich das Programm selber an. Nur die Poster der Fremdsprachenschulen an den Wänden sind in englischer Sprache gehalten. In den Infoständern liegen Flyer vom Legoland oder einiger Theater aus. In den Toilettenräumen allerdings werden andere Gebräuche berücksichtigt. Es gibt die hierzulande traditionelle Sitztoilette und Klos zum Hocken, wie sie in vielen südlichen Ländern üblich sind. Dies wird sogar durch Piktogramme erklärt.

Für den jungen Amerikaner war der Termin in der Ausländerbehörde übrigens erfolgreich. Seine deutschen Freunde hatten ihm geholfen, mit vollständigen Unterlagen zu dem Termin zu kommen. Ohnehin sind US-Amerikaner wie auch Bürger anderer „eng befreundeter Staaten“ im Aufenthaltsrecht bevorzugt. Innerhalb von einer Viertelstunde erhält der Neuberliner auf Zeit seine befristete Aufenthaltserlaubnis. Ein Willkommenspaket bekommt er nicht.

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