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Frank Henkel äußerte sich am Wahlabend nicht zu seiner persönlichen Zukunft.

© Hannibal Hanschke/REUTERS

Update

Verluste für die Berliner CDU: Bereit für den Neuanfang – auch ohne Henkel

Dass sie in der Berliner CDU schon jetzt offen über die Zukunft sprechen, hängt nicht allein mit dem ziemlich tristen Wahlergebnis zusammen.

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Sie wissen, wie es sich anfühlt, die Macht zu verlieren, sie haben sich vorbereitet. Präsidiumsmitglieder und andere wichtige Leute in der Berliner CDU planen seit Längerem für die Zeit nach der Wahl – womöglich ohne Frank Henkel. Noch ist dabei viel von einem „Konsens“ die Rede. Henkel habe mehr richtig gemacht, als mancher heute sehe, heißt es in der CDU-Führung, man wolle ihm keine Optionen verbauen.

Trotz Michael Müllers Vorfestlegung auf eine Zukunft mit linken Partnern schließen sie in der CDU-Führung eine neue Koalition nicht aus. "Ich halte es für wichtig, dass CDU Regierungsangebot macht und ich halte es für wichtig, diese Optionen zu prüfen", sagte Eberhard Diepgen, der ehemalige Regierende Bürgermeister von Berlin. Er sieht noch Chancen für die CDU auf Regierungsbeteiligung.

Keiner sagt: Jetzt muss er gehen!

Viele andere Parteifreunde, die im Straßenwahlkampf ein Gefühl für die verbreitete Proteststimmung bekommen haben, halten das für unwahrscheinlich. Und sie wissen, dass es durchaus mit der Performance ihres Spitzenkandidaten zu tun hat, wenn aus einer Senatsbeteiligung ein massiver Stimmenverlust resultiert. Niemand sagt: „Jetzt muss er gehen!“

Doch alle erwarten, dass Henkel jetzt von sich aus die Konsequenzen zieht. Frank Henkel wirkte nach den ersten Hochrechnungen enttäuscht. "Wir werden das Ergebnis auswerten", sagte er vor seinen Anhängern. Zu seiner eigenen Zukunft sagte er nichts - und bekam heftigen Beifall.

Die Stimmenverluste für die CDU sind massiv, die Zahl der Mandate im Abgeordnetenhaus sinkt und die Partei wird deutlich Stadtratsposten zu vergeben haben. Gerade die, die ihre Ämter verlieren, würden dann einen „Neuanfang“ fordern, sagt einer, der schon lange mit dabei ist. Von Henkel werde erwartet, diesen Neuanfang nicht zu blockieren. Es werde nicht gehen, dass Henkel jetzt sage: „Ich mache erstmal weiter.“ Man arbeite schon an Formulierungen, die einen moderaten, konsensorientierten Übergang möglich mache. Um so eher werde die Partei im Umgang mit dem Mann, der sie wieder senatsfähig gemacht hat, bereit sein, „seine Verdienste“ zu würdigen. Es solle in diesem Fall „einen geordneten Übergang“ geben, allerdings „mit ihm gemeinsam“.

Die Strategen wollen Streit verhindern

Zweierlei wollen die Strategen der Berliner Union verhindern: längere Streitereien über die Führung und das Personal, wie zu Zeiten von Ingo Schmitt und Friedbert Pflüger – und einen Absturz in die Opposition, aus dem politisch nichts folgt. Man werde einen „Aufbruch mit neuen Leuten“ hinbekommen müssen, sagt einer, und das müssten Leute sein, „die was darstellen“. Namen wie der von Kulturstaatsministerin Monika Grütters werden genannt, Peter Kurth (der sich seit Längerem aus der Berliner CDU-Politik herausgehalten hat), sogar der ehemalige Hamburger Bürgermeister Ole von Beust ist im Gespräch – und winkt heftig ab. Henkel könne für seine Wiederaufbau-Leistung mit dem Amt des Parlamentsvizepräsidenten belohnt werden, sagen manche, oder mit einem Sitz im Bundestag.

Sie sprechen offen über die Zeit nach Henkel

Dass sie in der Berliner CDU recht offen über die Zeit nach Frank Henkel sprechen, hängt nicht allein mit dem tristen Wahlergebnis zusammen. Es sind auch die Zweifel an den Stärken ihres Frontmanns. Bei allem Reden von Verdiensten, Konsens und der gemeinsam gefundenen Lösung ist die Liste der Fehler, die seine Parteifreunde mit Henkel in Verbindung bringen, ziemlich lang. Sie beginnt mit Henkels verunglücktem Machtspiel im Senat um die Räumung des Flüchtlings-Camps auf dem Kreuzberger Oranienplatz (damals ließ der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit Henkel im Senat auflaufen und beauftragte die SPD-Senatorin Dilek Kolat mit einer Schlichtung des Konflikts). Henkels Zurückhaltung in der Homo-Ehen- Debatte wird kritisiert und sein juristisch nicht abgesichertes Vorgehen in der Rigaer Straße.

Sogar in der CDU sehen sie eine relativ lange Liste von politischen Fehlern, die ihr erster Mann zu verantworten hat. Und einige erinnern daran, dass man Henkel immer wieder mit Vorschlägen und Ideen gekommen sei, um sein Profil zu schärfen, er sich aber nicht darauf eingelassen habe. Sogar vielen Parteifreunden ist Henkel zu blass und zu brav geblieben. Als die SPD vor zwei Jahren auf der Suche nach einem Wowereit-Nachfolger war, hätte der CDU-Parteichef angreifen können, doch er zögerte und zauderte. Damals hätte er Vorschläge wie den Taser-Einsatz oder Forderungen nach mehr Stellen in der Verwaltung äußern können. Doch er wartete ab und legte erst drei Monate vor der Wahl mit ein paar Ideen los.

Von der damaligen Aufbruchstimmung ist nichts zu spüren

Nach einer Legislaturperiode mit Senatsbeteiligung spüren viele in der Union nichts mehr von der Aufbruchstimmung, die Henkel 2011 erzeugt hatte. Und allem Reden von Gemeinsamkeiten zum Trotz zeigt sich am Verhältnis von Henkel und seinem Stellvertreter Thomas Heilmann, wie abgekämpft die Berliner CDU nach bloß fünf Jahren des Mitregierens schon wieder ist.

Heilmann gehört zu den Modernisierern in der Partei und zu denjenigen, die Kulturstaatsministerin Monika Grütters lieber als Spitzenkandidatin einer Großstadtpartei gesehen hätten. Henkel hatte ihn bald als Konkurrenten wahrgenommen, zumal sich Heilmann mit dem CDU-Kreisvorsitz in Steglitz-Zehlendorf eine eigene Machtbasis verschafft hatte. Was politisch aus Heilmann wird, ist offen. Heilmanns Steglitz-Zehlendorfer Parteifreund Karl-Georg Wellmann stellt schon mal fest, er wolle 2017 wieder für den Bundestag kandidieren.

Frank Henkel ist zum zweiten Mal angetreten. Dass der CDU-Chef neuer Regierender Bürgermeister werden könnte, gilt aber als nahezu aussichtslos. Denn schon im Wahlkampf hatten alle Konkurrenten erklärt, nicht mit Henkel koalieren zu wollen. Der 52-jährige Berliner gilt als Innensenator ohne glänzende Bilanz, der zuletzt auf klare Kante setzte.

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