zum Hauptinhalt

Berlin: Vermeidbarer Tod

Drei Minuten später wäre er zu Hause gewesen. Der 35-jährige Krankenpfleger kam von der Spätschicht in der Klinik, sein Partner wartete schon auf ihn.

Drei Minuten später wäre er zu Hause gewesen. Der 35-jährige Krankenpfleger kam von der Spätschicht in der Klinik, sein Partner wartete schon auf ihn. Der Tod war schneller. Auf der Schöneberger Kreuzung krachte der schwere Mercedes eines betrunkenen Rasers in seinen Mazda. Ein furchtbarer Tod, ein gänzlich vermeidbarer Tod. Verantwortlich fühlen darf sich ein Haftrichter. Nahezu 200 Mal ermittelte die Polizei bereits gegen den Todesfahrer, seit seinem zwölften Lebensjahr fiel er immer wieder mit Straftaten auf. Angesichts seines Strafregisters dürfte selbst dem Gutwilligsten klar sein, dass diesem jungen Mann jede Bereitschaft fehlt, sein Leben zu ändern. Nur der Haftrichter sah das anders; er ließ ihn nach einer erneuten Straftat, mit der er seine Bewährung verwirkt hatte, wieder frei. Verstehen kann dies kein normaler Mensch; der furchtbare Tod eines Menschen auf der Kreuzung macht es erst recht zum Skandal. So treibt man Kriminellen den letzten Rest von Respekt für das Rechtssystem aus und lässt bei Berlinern ein Gefühl der Hilflosigkeit wachsen. Eine Justiz aber, die ihre eigenen Regeln nicht ernst nimmt, gibt sich auf.

Zur Startseite