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Berlin: Vermisste Patienten: Keine Seltenheit in Krankenhäusern

Auch in Vivantes-Klinik ist ein Mann verschwunden. Nach Fahrstuhlpanne bedauert Polizei Einsatzfehler

Einen Tag nach dem Fall des Patienten Karlheinz S., der mehr als drei Tage in einem defekten Krankenhausfahrstuhl feststeckte, sind weitere Fälle vermisster Krankenhauspatienten bekannt geworden. Anders als bei dem spektakulären Fall des 68-jährigen Rollstuhlfahrers im Benjamin-Franklin-Klinikum handelt es sich hier jedoch wahrscheinlich um Patienten, die die Kliniken auf eigene Initiative verlassen haben.

Seit sechs Tagen vermisst das Vivantes-Klinikum einen 63-jährigen Mann. Er ist am vergangenen Freitag aus seinem Zimmer verschwunden, sagte Vivantes-Sprecher Uwe Dolderer. Um 3 Uhr früh habe ihn noch eine Schwester schlafend in seinem Bett gesehen, um 5.30 Uhr bemerkte sein Bettnachbar, dass der Mann nicht mehr da war. Daraufhin hätten Krankenhausmitarbeiter sofort die Räume durchsucht. Nach einer halben Stunde wurden die Polizei und die Ehefrau des Vermissten informiert. Eine ausführliche Suche in der weitläufigen 1000-Betten-Klinik und dem Gelände blieb ohne Erfolg. Jetzt hat die Kriminalpolizei den Fall übernommen. „Es ist sehr bedauerlich, aber es ist ein Einzelfall“, sagt Kliniksprecher Dolderer. „So etwas lässt sich nie ganz verhindern. Die Patienten dürfen sich frei bewegen.“ Informationen, dass der Vermisste an Demenz litt, konnte er nicht bestätigen.

Für die Polizei dagegen ist es kein außergewöhnlicher Vorgang, wenn Patienten aus Kliniken verschwinden: „Uns werden von den Krankenhäusern regelmäßig Vermisste gemeldet“, sagte eine Polizeisprecherin. „Die meisten sind nach ein paar Stunden wieder da, manche haben nur mal zu Hause vorbeigeschaut, ohne sich im Krankenhaus abzumelden.“

Ein anderer Fall wurde dem Tagesspiegel von einer Leserin geschildert. Eine alte Dame lag im Januar im Benjamin-Franklin-Klinikum. Sie ist bettlägerig und war nach Angaben ihrer Schwiegertochter zur Augenuntersuchung gebracht worden. Als ihre Angehörigen sie am Nachmittag besuchen wollten, war sie verschwunden. „Niemand konnte und wollte uns helfen“, beklagt sich die Schwiegertochter. Erst auf drängendes Nachfragen habe man einen Hinweis bekommen, wo die Frau sein könne. „Weinend und völlig erschöpft“ habe man sie dann auf einem Flur gefunden. Die Patientin berichtete, dass sie vielfach um Hilfe gerufen habe, aber niemand sie bemerkt habe.

Im Falle des mehr als drei Tage im Aufzug gefangenen Rentners hat inzwischen die Polizei den verspäteten Einsatz bedauert. „Nach den vorliegenden Erkenntnissen wurden die Durchsuchungen im Zusammenwirken mit dem Sicherheitspersonal der Klinik zu spät und offenbar leider auch nicht mit der Gründlichkeit durchgeführt, die zum Auffinden des hilflosen Rollstuhlfahrers im Aufzug erforderlich gewesen wäre“, teilte die Polizei am Mittwochabend mit. „Die Polizei bedauert dies außerordentlich.“ Sie kündigte an, ihren Einsatz „sorgfältig nachzubereiten“. Auch die Charité, zu der das Franklin-Klinikum gehört, will die offenen Fragen klären – anhand eines „internen Berichtes“, wie Sprecherin Kerstin Endele sagte. Der Sohn des Opfers Karlheinz S. ist verärgert über den „technischen Zustand in der Klinik“. Er erwägt rechtliche Schritte gegen das Krankenhaus. Auch die Polizei prüft, ob ein Verfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung gegen die Klinik eingeleitet wird.

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