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Berlin: Vermittlungsversuche mit 48 Teilnehmern

Heute vor 125 Jahren begann der offizielle Telefonbetrieb in Berlin

Wurde die Sensation als Aprilscherz abgetan? Als Spinnerei? Jedenfalls waren nur ganz wenige Leute dabei, als heute vor 125 Jahren, am 1. April 1881, in Berlin zum ersten Mal und ganz offiziell ein Telefon klingelte, jemand den Hörer abnahm und „Hallo?“ sagte. In der neuen Berliner Stadtfernsprecheinrichtung war die Verbindung hergestellt und zusammengestöpselt worden, bald sollten die „Frolleins vom Amt“ einen legendären Ruf als Mittler zwischen den Herzen bekommen. 1881 aber, ganz am Anfang, gibt Generalpostmeister Heinrich von Stephan persönlich das Startsignal: Der Mann hat Jahre zuvor sofort Feuer gefangen, als er von Alexander Graham Bells Erfindung des Telefonapparates erfährt, Reichskanzler Otto von Bismarck ist begeistert, und Werner von Siemens träumt davon, „jedem Berliner Bürger wo möglich ein Telephon zu jedem anderen zur Disposition zu stellen“.

Nun also geht es los. 48 Teilnehmer sind im öffentlichen Netz, Emil Rathenau, der spätere Gründer der AEG, hat mit Mühe die ersten Nutzer angeworben. „ Im Juli 1881 erschien das erste Berliner Telefonbuch mit 185 Einträgen, von den Berlinern belächelt und als ,Buch der Narren’ betitelt. Aber schon sieben Jahre später gab es in Berlin mehr Telefonanschlüsse als in jeder Stadt in den Vereinigten Staaten von Amerika. Ein Siegeszug ohnegleichen!“, schreibt die Historikerin Gerhild Komander im Vorwort zu einer Neuauflage des ersten Berliner Telefonbuchs von 1881, das zum Jubiläum im Berlin Story Verlag erschienen ist und heute um 15 Uhr im Museum für Kommunikation in der Leipziger Straße vorgestellt wird.

Fast ein Drittel der Anschlüsse hatten die Bankhäuser, hinzu kamen Börse (da musste man nur die 1 wählen), Reichstag, Reichsdruckerei, Polizeipräsidium, Abgeordnetenhaus, Gerichte, bedeutende Kaufleute und Fabrikanten, Verlage und das Central-Hotel mit dem „Wintergarten“ in der Friedrichstraße. Ende 1881 galt es schon als schick, in diesem närrischen Buch verzeichnet zu sein, schreibt die Autorin; ein Eintrag und die Apparate kosteten so viel wie fünf Übernachtungen mit Service und Licht im Central-Hotel, die Jahresgebühr betrug 200 Mark. Das konnten sich nur die Besserverdienenden leisten. Das Buch stellt die ersten „bei der Berliner Fernsprecheinrichtung Betheiligten“ vor, es vermittelt Lokalkolorit und Wirtschaftsgeschichte einer Stadt im Aufbruch. Im Jahre 1898 ist die Zahl der privaten Fernsprechteilnehmer auf 34 500 gewachsen, 1900 bimmelt es schon bei 130 000 Berlinern, und heutzutage haben 98 Prozent aller Haushalte ihr Telefon – das sind also über zwei Millionen Anschlüsse.

Das Central-Hotel in Mitte war unter der Telefonnummer 38 zu erreichen, Schering („Chemische Fabrik auf Actien“) in der Fennstraße 11/12 hatte die 40. Wer die 69 wählte, bekam die Delikatess- und Weingroßhandlung Borchardt in der Französischen Straße 48 – wo man heute an die Erfolge des Namenspatrons August Friedrich Wilhelm B., der 1853 sein Geschäft mit „Versandküche“ eröffnet hatte, anknüpft: 200 Angestellte sorgten dort für das Wohl der Gäste, und die Prominenten kamen auch schon, Theodor Fontane etwa oder der Diplomat Friedrich von Holstein, für den der Koch das Holsteiner Schnitzel kreierte. 1878, als der Berliner Kongress einen Monat lang tagte, zeigte sich Borchardts Catering in Hochform und versorgte die Exzellenzen von früh bis spät.

Da hatte man längst begriffen, wie das mit der Sprechmuschel und dem Hörer funktioniert. Am Anfang aber gab es eine Gebrauchsanweisung für die Benutzung der Fernsprechvermittlung von acht Uhr Morgens bis 11 Uhr abends: „Zu einer guten Verständigung ist kein sehr lautes, wohl aber ein deutliches und nicht zu langsames Sprechen erforderlich“. Und was muss ich als „Theilnehmer B“ tun, wenn mich „Theilnehmer A“ anklingelt? „Sobald der Wecker ertönt, hebt B den Fernsprecher vom Haken, hält ihn gegen das Ohr und meldet: ,Hier B., wer dort?’ Hierauf nennt A. seinen Namen und beginnt die Unterhaltung.“

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