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Berlin: Verschwindende Vorbauten

Am Ku’damm ragen viele Lokale weit in den Gehweg. Der Baustadtrat und andere Politiker wollen sie abreißen lassen – ein Pro und Contra

Nicht alle Politiker in der City West teilen die Meinung von CDU-Baustadtrat Klaus-Dieter Gröhler, wonach die Vorbauten von Lokalen am Kurfürstendamm nicht mehr zeitgemäß sind. Im Streit um das „Häagen-Dazs“-Eislokal nahe der Ecke Meinekestraße, das seinen Ladenraum auf dem Gehweg bis November abreißen soll, steht die FDP-Fraktion Charlottenburg-Wilmersdorf auf der Seite der Wirte. Der Abriss bedeute „den voraussichtlichen Ruin“ des Cafés, kritisierte der Bauexperte Björn Jotzo. Das „rigorose“ Vorgehen des Bauamts entspringe „mehr dem Reinheitsgefühl einiger konservativer Bezirkspolitiker als dem tatsächlichen Bedürfnis von Anwohnern und Passanten“. Die FDP würde sogar neue Vorbauten begrüßen. Diese hätten „früher dem Boulevard sein besonderes Gepräge gegeben und zum Verweilen eingeladen“. Allerdings solle man die Größe begrenzen, um Konflikte mit Passanten zu vermeiden.

Ein geplanter FDP-Antrag in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) wird allerdings voraussichtlich scheitern, weil die Mehrheit sich schon früher gegen die Vorbauten ausgesprochen hatte – wie auch das Abgeordnetenhaus in den 80er Jahren. Das Flanieren entlang der Schaufenster werde erschwert und das Stadtbild beeinträchtigt, hieß es. Einen Kompromiss schlägt die Industrie- und Handelskammer (IHK) Berlin vor: Der Abriss soll aufgeschoben werden, bis ein Ersatzstandort für das Eislokal gefunden sei. „Häagen Dazs passt wunderbar zum Ku’damm“, findet Jochen Brückmann von der IHK. Außerdem sei der Vorbau „einer der letzten und sehr klein“, so dass keine Eile geboten sei. Ohne die zusätzlichen 15 Quadratmeter habe das ansonsten nur 24 Quadratmeter kleine Eislokal „keine Existenzgrundlage“, meint auch Brückmann.

Die Eisdielen-Wirte Dania und Oliver Lehwald fürchten, wie berichtet, die Pleite. Die auf 75 000 Euro veranschlagten Abrisskosten könne man nur aufbringen, falls Banken weitere Kredite für die bereits mit 200 000 Euro verschuldete Betreiberfirma gewährten. Der Vorbau sei aber auch grundsätzlich wichtig, weil die Gäste sonst „keine Aufenthaltsmöglichkeit“ im Café mehr hätten.

Andere Vorbauten verschwanden durch die Schließung des Café Möhrings und des Restaurants Kopenhagen. Ein Bestandsschutz gilt noch für Steakhäuser und Hamburger-Schnellrestaurants und für das „Kempinski-Eck“. Dagegen sind die Tage der Gehweg-Überbauung vor dem Restaurant „Novo Skopje“ nahe der Knesebeckstraße gezählt: Wegen des geplanten Neubaus eines Wohn- und Geschäftshauses musste das Lokal vor kurzem ausziehen.

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