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Berlin: Verschwörungstheorien beim Freitagsgebet

Die Al-Nur-Moschee ist voll am Tag nach den Anschlägen in der Türkei, doch über die Bomben reden nur wenige

Die Neuköllner AlNur-Moschee am Tag nach den verheerenden Terroranschlägen in Istanbul: Rund 800 Gläubige haben sich in der Haberstraße zum letzten Freitagsgebet im Fastenmonat Ramadan versammelt. Aber über die Anschläge in Istanbul will kaum jemand reden. Man blockt ab: „Ich bin zum Beten hier“, „kein Kommentar“. Einige sind mitteilsamer, ohne etwas zu sagen. „Wir verurteilen Terrorismus, aber Terrorismus gibt es überall“, sagt ein Endzwanziger, „wir Muslime sind am meisten von Terror betroffen“, ergänzt ein Mann mit der typischen Barttracht fundamentalistischer Islamisten. Einige meinen, der Terror habe nichts mit dem Islam zu tun. Und der weltweite Terrorismus, der sich auf den Islam beruft? Achselzucken. Ein eleganter fünfzigjähriger Mann meint, dass hinter den Anschlägen die CIA stecke.

Kürzlich hatte die „New York Times“ berichtet, dass in der Al-Nur-Moschee Geld für den blutigen Kampf gegen die westlichen Besatzungstruppen im Irak gesammelt werde. Davon will niemand etwas wissen. Geld werde nach islamischem Gebot für Bedürftige gesammelt, erläutern einige. Ein grimmig blickender Mann meint, dass Saddam Hussein und die Baath-Partei Laizisten seien, dafür könne sich kein Muslim begeistern. „New York Times?“, fragt ein junger Mann, „dahinter stecken die Juden, die uns nur schlecht machen wollen.“

Während in dem Gotteshaus in einem ehemaligen Fabrikgebäude bislang vor allem Spenden für Glaubensbrüder in Palästina und Tschetschenien gesammelt worden waren, werde in den vergangenen Wochen zunehmend auch für den Irak gesammelt, hatte der Berlin-Korrespondent der „New York Times“ mehrere Besucher des Freitagsgebets der Moschee zitiert. Seitens der Moschee und ihres Trägervereins „Islamische Gemeinschaft e.V. “ ist keine Stellungnahme zu erhalten. Telefonate und Faxe blieben unbeantwortet. Aus Sicherheitskreisen hieß es, es gebe für die Irak-Sammlung zwar keine konkreten Hinweise. Es wäre aber nicht ungewöhnlich, wenn in einer so großen Gemeinde wie der Al-Nur-Moschee sich Menschen finden, die für Islamisten im Irak Geld zusammentragen. Außerdem gilt die Moschee seit langem als Sammelbecken von Islamisten.

Zum größten Teil finanziert sich die Moschee mit Geld aus Saudi-Arabien. Ein Saudi-Araber und zwei Libanesen hatten Fabrik und Grundstück 2001 für damals 2,375 Millionen Mark gekauft und zu einer Moschee umgebaut. Wegen enger Verbindungen zu militanten Islamisten war das Gotteshaus vor acht Monaten in die Schlagzeilen geraten. Bei den Ermittlungen gegen sechs Männer aus dem Umfeld der Moschee gab es nach Informationen aus Sicherheitskreisen offenbar Hinweise auf Verbindungen zum Al-Qaida-Anschlag auf der tunesischen Insel Djerba. Je zwei Libanesen, Marokkaner und Tunesier waren festgenommen worden, Bundeskriminalamt und Berliner Polizei durchsuchten Räume in der Al-Nur-Moschee. Tsp

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