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Berlin: Versetzt vom Preußenkönig

Beelitzer Jagdschirm auf der Pfaueninsel ist saniert Der Pavillon stand früher aber ganz woanders.

Beelitz - Der König hat es gegeben und der König hat es wieder genommen: Ein Häuschen im Wald, gut getarnt mit Fassaden aus Borke. Eigentlich wollte Friedrich Wilhelm II. (1744–1797) von hier aus auf Hirsche im Beelitzer Stadtforst jagen, seinerzeit eines der wildreichsten Gebiete in der Mark Brandenburg. Doch bald nach der Errichtung des sogenannten Jagdschirms ließ er das komplette Gebäude 1796 auf seine geliebte Pfaueninsel – heute gehört sie zu Berlin – versetzen. Für Beelitz wäre solch ein Gebäudeheute ein Gewinn – würde die Stadt doch damit über einen echten Hohenzollernbau verfügen und wäre so zumindest ein bisschen Residenzstadt. Der Pavillon, der wegen seiner Verkleidung aus Eichenrinde auch Borkenhäuschen genannt wird, ist jetzt von der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten saniert worden. Das Häuschen ist nicht nur wegen seiner Tarn-Fassaden eine architektonische Besonderheit: Während im Erdgeschoss durch Schießscharten auf Wild angelegt werden konnte, befindet sich im oberen Hauptgeschoss ein Salon für die Jagdgesellschaft.

„Es ist schon schade, dass sich der König damals so entschieden hatte“, sagt Manfred Fließ vom Beelitzer Heimatverein. Er bemüht sich, die Erinnerung an die Herkunft des Pavillons wachzuhalten – unter anderem im neuen Bildband „Beelitz“, erschienen im Sutton-Verlag. In der Stadt weiß kaum noch jemand, dass es die Jagdhütte gibt – geschweige denn, woher sie kommt. Für Beelitz wäre das Häuschen auch ein Stück Wiedergutmachung gewesen – denn wenn es um das Forst- und Jagdrecht ging, kannten die Hohenzollern kein Pardon. Das fing schon unter Kurfürst Joachim II. (1505–1571) an, der einen Großteil der Beelitzer Heide als Jagdrevier beanspruchte. Fortan war es den Bewohnern der Stadt verboten, hier Holz zu schlagen oder ihre Schweine zur Eichelmast in den Wald zu treiben. Sein Sohn Johann Georg (1525–1598) setzte sogar noch eins drauf und untersagte den Beelitzern die Niederjagd – also das Recht, Kleinwild wie Hasen sowie Wildschweine und Rehe zu erlegen. Immerhin: Das wurde später offenbar wieder rückgängig gemacht. Knapp hundert Jahre danach dann der nächste Schlag: Der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm (1612–1688) ließ sich von den Beelitzern den Ort Seddin, die Seddiner Seen, die Meierei Kähnsdorf und damit verbunden auch 3000 Morgen Wald für gerade mal 3500 Taler abtreten. „Mit dem Verkauf dieses Theils der Haide ging der Stadt ein beträchtlicher Theil ihres Einkommens verloren“, beklagt der Heimathistoriker Carl Schneider im 19. Jahrhundert in seiner Beelitzer Chronik. Ärger hatten die Beelitzer auch mit Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. (1688–1740): Der wollte ihnen erneut die Niederjagd abspenstig machen und bot an, dafür jährlich zwölf Rothirsche – das sogenannte Hochwild durfte generell nur vom Adel erlegt werden – zur Verfügung zu stellen. Der Magistrat wusste schon, was Beelitz blüht, und reagierte erst einmal nicht. In einem erneuten Schreiben wurde der König dann deutlich: Er befahl „Euch hiernach gehorsamst zu achten und alles Jagens, Hetzens und Schießens auf gedachten Feldmarken von nun an und künftig Euch gäntzlich zu enthalten“. Notgedrungen mussten die Ratsherren einlenken. Sie wollten zwar noch ein bisschen mehr als die zwölf Hirsche herausschlagen, kamen damit aber vom Regen in die Traufe: Denn nun erreichte sie die Order, dass die Tiere nicht verzehrt werden dürfen, sondern verkauft werden müssen. Von dem Geld sollten Feuerleitern und Löscheimer angeschafft oder die Straßen erneuert werden.

Für die jahrhundertelangen Streitereien hätte der Großneffe des Soldatenkönigs, Friedrich Wilhelm II., die Beelitzer versöhnen können – wenn sein Jagdpavillon dageblieben wäre. Der „dicke Wilhelm“, an den man sich heute vor allem wegen seiner rauschenden Feste und seines regen Liebeslebens erinnert, hat von dem Gebäude auf der Pfaueninsel ohnehin nichts mehr gehabt: Im Jahr nach der Umsetzung starb er.

Dass Beelitz noch Restitutionsansprüche auf das Häuschen geltend machen kann, glaubt Manfred Fließ vom Heimatverein nicht. „Dafür müsste man sich wieder mit den Landesherren anlegen“, sagt er und fragt scherzhaft: „Ob das heute einfacher ist als früher?Thomas Lähns

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