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Eltern sind viel beschäftigt - und müssen auf Hilfe vom Amt oft Monate warten.

© Patrick Pleul/picture alliance / dpa

Update

Verspätetes Elterngeld in Berlin: "Für viele Alleinerziehende ist es existenziell bedrohlich"

Bis Elterngeld ankommt, vergehen in Berlin bisweilen Monate. Jugendsenatorin Sandra Scheeres (SPD) gesteht nun Handlungsbedarf ein.

In Berlin müssen Eltern von neugeborenen Kindern zum Teil monatelang warten, bis sie Elterngeld bekommen. In Charlottenburg-Wilmersdorf werden derzeit Anträge bearbeitet, die im Februar gestellt wurden – das entspricht einer Bearbeitungszeit von rund vier Monaten.

„Das ist für alle Familien unmöglich, aber für viele Alleinerziehende ist es existenziell bedrohlich“, sagt Alexandra Szwaczka vom Verband alleinerziehender Mütter und Väter Berlin. Manche müssten sich verschulden oder ihr Erspartes aufbrauchen. Wer dann vorübergehend Hartz IV beantrage, müsse mit weiteren Behördengängen und Anträgen rechnen – und manchmal verwiesen die Jobcenter dann darauf, dass man doch Elterngeld beantragen könne. Alleinerziehenden, die mit einem Säugling alleine zu Hause seien, fehle oftmals die Kraft und die Zeit, sich stundenlang in Telefonwarteschleifen zu hängen und um ihr Anliegen zu kämpfen.

Verschärfend kommt hinzu, dass auch die Standesämter überlastet sind und mit der Ausstellung von Geburtsurkunden nicht hinterherkommen. In Mitte mussten Eltern zuletzt bis zu drei Monate auf eine Geburtsurkunde warten. Ohne Geburtsurkunde kann man kein Elterngeld und kein Kindergeld beantragen.

Acht Wochen Wartezeit in Treptow-Köpenick

Das Problem betrifft viele Bezirke. In Treptow-Köpenick beträgt die Bearbeitungszeit für das Elterngeld derzeit acht Wochen, „Tendenz steigend“, wie Jugendstadtrat Gernot Klemm (Linke) mitteilt. Die Situation habe sich in den vergangenen zwölf Monaten verschlechtert. Ein Grund dafür sei das neue Elterngeld Plus, das einen flexibleren Bezug über einen längeren Zeitraum ermögliche. Die Bearbeitung sei mit höherem Aufwand verbunden.

Ähnlich äußert sich die Pankower Stadträtin Rona Tietje (SPD). In ihrem Bezirk liege die Bearbeitungszeit bei sechs bis acht Wochen, ebenfalls mit steigender Tendenz. Auch Lichtenberg meldet sechs bis acht Wochen als Bearbeitungszeit. Vier bis sechs Wochen dauert es in Reinickendorf nach Angaben des Bezirksamtes, der Bezirk Mitte meldet vier Wochen Bearbeitungszeit.

Es geht allerdings auch schneller: Neukölln vermeldet eine Bearbeitungszeit von ein bis drei Wochen, sofern alle Unterlagen vorliegen. Das sagte ein Sprecher von Jugendstadtrat Falko Liecke (CDU). In Einzelfällen – zum Beispiel wenn es einen „Auslandsbezug“ gebe oder die Mutter minderjährig sei – könne es auch länger dauern. Die relativ kurze Bearbeitungszeit erklärt der Bezirk mit der „bedarfsgerechten Ausstattung mit qualifiziertem Personal“. Für Entlastung habe auch gesorgt, dass Eltern fehlende Unterlagen inzwischen per E-Mail nachreichen könnten.

Relativ kurze Bearbeitungszeiten meldet auch das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf - 14 Tage dauere es hier, teilt Jugendstadträtin Carolina Böhm (SPD) mit.

Charlottenburg schon mehrfach negativ aufgefallen

Nach Angaben der Senatsjugendverwaltung gilt eine Bearbeitungszeit von acht Wochen als angemessen. Die meisten Bezirke hielten diese Vorgabe ein, aber gerade die Elterngeldstelle in Charlottenburg-Wilmersdorf sei schon mehrfach negativ aufgefallen. Im Zusammenhang mit den jüngsten Beschwerden habe man den Bezirk aufgefordert, Stellung zu nehmen, sagte eine Sprecherin. Der Bezirk habe auf die schwierige Personalsituation verwiesen – mehrere Mitarbeiter seien plötzlich ausgefallen und neue Kräfte müssten erst eingearbeitet werden.

„Es ist völlig inakzeptabel, dass Eltern wochenlang auf Geld warten müssen, das ihnen zusteht, und dass sie deshalb möglicherweise in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Ich erwarte, dass der Bearbeitungsstau aufgelöst wird“, sagte Jugendsenatorin Sandra Scheeres (SPD).

Wie berichtet hat der Senat den Bezirken für das kommende Jahr über 1200 zusätzliche Stellen zugesichert. Über die Verteilung von rund zwei Drittel dieser Stellen können die Bezirke selbst entscheiden.

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