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Kinder können sich auch friedlich austauschen. Sollte es plötzlich anders kommen, kann eine Streitvermeidungsmethode darin bestehen, den Streit einfach zu ignorieren. Foto: Maike Jessen/picture alliance

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Berlin: Verstecken mit Gefühl

Streit zwischen Geschwisterkindern lässt sich vermeiden, wenn einige Grundregeln beachtet werden.

Mit dem Frühjahrserwachen und der Symbolkraft des Osterfestes von Auferstehung und Wiedergeburt ist Ostern eine schöne Zeit zum Schenken. Und wird auch seit jeher dazu genutzt. Schon in der Antike feierte man den Triumph des Frühlings über den Winter, des Lebens über den Tod, indem man sich gegenseitig bemalte Eier als Symbol des Lebens schenkte. Heute freuen sich vor allem Kinder über eine Osterüberraschung.

Der Osterhase versteckt die bunten Eier und meist süßen Gaben im Gras oder zwischen den ersten zarten Frühlingsblumen, damit kleine Kinderhände sie leicht finden können. Aber nicht nur der Hase macht Kindern zu Ostern eine Freude, auch Eltern und Großeltern verschenken gerne eine Kleinigkeit. Damit es möglichst keinen Streit gibt, sollte man ein paar Grundsätze beachten. Denn wer mehr als ein Kind hat, weiß, wie sich Geschwister über die kleinsten Kleinigkeiten in die Wolle bekommen können und wohin das führt, wenn sich einer nur im Geringsten benachteiligt fühlt. Auch wenn es häufig Streit gibt: Eltern sollten jüngere und ältere Kinder gemeinsam Ostereier suchen lassen. Ist der Nachwuchs noch im Kindergartenalter, ist es besser, die versteckten Geschenke beispielsweise mit Farben zu markieren. „Dadurch wird ganz klar, wer was kriegt“, sagt der Diplompsychologe Hermann Scheuerer-Englisch von der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung (bke) in Fürth. Außerdem sollten Eltern darauf achten, dass jedes Kind etwa gleich viele Sachen bekommt.

Völlig vermeiden lasse sich Rivalität zwischen Geschwistern aber nicht: „Es kann schon vorkommen, dass der Ältere dem Jüngeren hämisch verrät, wenn er etwas gefunden hat.“ Dennoch sei die gemeinsame Suche schöner, als die Kinder getrennt loszuschicken.

„Wenn man über das Schenken an sich nachdenkt, dann stößt man auf ein paar grundlegende Dinge“, sagt Joachim Armbrust, Sozialpädagoge und heilkundlicher Psychotherapeut. So schenke man Liebe, Aufmerksamkeit und manchmal auch reinen Wein ein, auch sei das Schenken etwas, das von Herzen kommt, etwas Freiwilliges, was keiner einfordern kann. „Dahinter steckt die Grundhaltung, dass man nicht zu viel und nicht zu wenig schenken kann, sondern nur genau so, wie es die Beziehung zueinander vorgibt“, sagt der erfahrene Familientherapeut. Das mag etwas philosophisch klingen, hilft aber im Alltag mit dem Thema besser umzugehen. Denn so lernen Kinder von Anfang an, dass ein Geschenk immer auch etwas Persönliches ist, das genau zu dem Beschenkten passen soll. „Wer ein Geschenk macht, überlegt ja vorher genau, wem er was gibt“, so Armbrust. „Manchmal liegt man auch daneben und das Kind ist unzufrieden mit dem Geschenk. Aber da darf man sich nicht scheuen, mit ihm darüber zu sprechen.“ Schließlich machen weder die Größe noch der Wert in Euro und Cent ein Geschenk wertvoll, sondern vielmehr der persönliche Aspekt.

Kinder streiten in den allermeisten Fällen um die Aufmerksamkeit der Eltern. Streitende Kinder wissen sehr genau, dass Kampfeslärm aus dem Kinderzimmer meist sehr schnell Mutter oder Vater auf den Plan rufen, die dann zu vermitteln versuchen oder auch den Schwächeren in Schutz nehmen. Kinder wollen so immer wieder austesten, auf wessen Seite Vater oder Mutter denn nun stehen.

Sollte es Streit um Geschenke geben, weil ein Kind dem anderen ein Geschenk neidet, dann sollte man als Eltern grundsätzlich den Beschenkten in Schutz nehmen. In einer solchen Situation müsse man klarstellen, wem das Geschenk gehört und dass derjenige es dem Bruder oder der Schwester leihen kann, aber nicht muss. „Kinder können auch Geschenke tauschen“, sagt Armbrust. „Aber es muss freiwillig sein und so, dass sich keines der Geschwister überrumpelt oder benachteiligt fühlt. Als Eltern kann man da vermitteln.“ Allerdings darf man den Streit nicht abrupt beenden oder mit einem Machtwort unterdrücken. Vielmehr sollte man versuchen zu verstehen, was genau den Streit ausgelöst hat.

Nur bei besonders kleinen Kindern, die mit negativen Gefühlen wie Neid oder Missgunst noch nicht umgehen können, und auch den Unterschied von mein und dein noch nicht verinnerlicht haben, können Eltern den Streit beenden und bei älteren Geschwistern für Verständnis werben. „Der Kleine versteht das mit dem Schenken noch nicht so gut“ ist ein probater Satz, der beginnenden Streit gerade noch rechtzeitig stoppen kann.

Um vor allem kleinere Kinder nicht zu überfordern, rät Scheuerer-Englisch, nicht zu viele Sachen zu verstecken: Die Suche sollte nicht länger als eine Dreiviertelstunde dauern. „Außerdem darf der Radius nicht zu groß sein.“ Sind die Sachen zum Beispiel im Garten versteckt, sollten Eltern sich auf ein Areal beschränken.

Bei der Wahl der Verstecke sollten Eltern im Blick haben, dass Kinder viel kleiner sind und eine andere Sichthöhe haben: „Ich würde nichts ganz oben verstecken“, sagt der Erziehungsberater. Gestaltet sich die Suche dennoch schwierig, könnten Eltern auch mithelfen, indem sie das Kind in die richtige Richtung locken oder Tipps wie „heiß“ und „kalt“ geben.

Dass sich Geschwister streiten, ist normal, sagt Armbrust. Man könne nicht erwarten, dass sie immer ein Herz und eine Seele sind. Ab und zu kommen auch negative Gefühle zum Vorschein, insbesondere dann, wenn sie um die Gunst von Mutter oder Vater konkurrieren. „Kinder suchen Bestätigung“, erläutert Armbrust. „Geschenke halten dafür als Gradmesser her.“ Daher sei es besonders wichtig, durch sie eine Gleichwertigkeit in der Beziehung zu verdeutlichen. Im Idealfall sei ein Geschenk daher auch immer ein Beziehungsangebot, wie etwa ein Gutschein für einen gemeinsamen Museumsbesuch oder einen Nachmittag im Freibad. „So ist das Geschenk auch verknüpft mit demjenigen, der das Geschenk macht“, sagt Armbrust. Zeit mit dem Vater oder der Mutter zu verbringen und dabei etwas zu erleben sei für Kinder sehr wertvoll. Das gelte vor allem für Geschwister, denen man unterschiedliche Geschenke machen kann. „Damit unterstreicht man nicht nur, dass Kinder unterschiedlich sind, unterschiedliche Bedürfnisse und Interessen haben, sondern schenkt ihnen jeweils Aufmerksamkeit und Zeit alleine, ohne den Bruder oder die Schwester.“ Aber auch Beziehungsgeschenke, die in Familienzeit münden, sind für alle wertvoll. Es müssen ja nicht immer Spielsachen oder Süßigkeiten sein, auch nicht vom Osterhasen.

Konflikte gibt es oft wegen der vielen Süßigkeiten, die für die Kinder verlockend sind. „Am besten schränken Eltern das von vornherein ein, indem sie nur wenig kaufen“, sagt Scheuerer-Englisch.

Kommen doch einige Süßigkeiten zusammen, sollten Eltern die Menge einteilen und mit dem Kind besprechen, wie viel es wann essen darf. (mit dpa)

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