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Versuchter Mord: Anklage gegen U-Bahn-Schubser: Staatsanwaltschaft wirft Täter besondere Heimtücke vor

Bei Schuldspruch droht lebenslange Haft

„Ohne jeden Anlass“, so die Staatsanwaltschaft, soll der Täter den Auszubildenden Thiemo K. vor die UBahn gestoßen haben. Jetzt wurde Anklage wegen versuchten Mordes und schwerer Körperverletzung gegen Waldemar O. erhoben. Der 32-Jährige habe am 16. Dezember sein Opfer am U-Bahnhof Zwickauer Damm in Rudow vor einen einfahrenden Zug geschubst. Thiemo K., Vater einer einjährigen Tochter, verlor beide Unterschenkel.

Die Anklage wegen versuchten Mordes kann für den Angeschuldigten lebenslange Freiheitsstrafe bedeuten, denn der Versuch wird in der Regel so schwer bestraft wie die vollendete Tat.

Der 22-jährige Thiemo K. war am 16. Dezember auf dem Heimweg in seine Wohnung in Altglienicke. Nach dem Stoß stürzte er auf die Gleise und wurde vom ersten Wagen der Bahn überrollt. Er hatte Glück im Unglück und überlebte, weil sich sofort jemand um ihm kümmerte. Ein junger Sanitäter band ihm die Beine ab, sonst wäre Thiemo K. verblutet. Allerdings mussten später beide Unterschenkel amputiert werden.

Anfang März ist er aus dem Unfallkrankenhaus Marzahn entlassen worden und lernt nun beim täglichen Reha-Training, mit Prothesen zu laufen. Er lebt inzwischen mit seiner Familie in einer behindertengerechten Wohnung im Neuköllner Ortsteil Rudow und will seine Lehre in einem Elektrikergeschäft so bald wie möglich beenden.

Thiemo K. reagierte gestern erleichtert auf die Anklage. „Ich hatte das Schriftstück heute im Briefkasten“, sagte er. Er hoffe, dass der Täter zur Höchststrafe verurteilt werde. Er habe sich bisher „überhaupt nicht“ mit dem Mann befasst, der sein Leben ruiniert hat. Stattdessen versuche er lieber, sich mit der neuen Lebenssituation zu arrangieren. „Ich werde wohl auch nicht zur Gerichtsverhandlung gehen. Das will ich mir nicht zumuten.“ Formal ist Thiemo K. als Nebenkläger zugelassen.

Polizisten nahmen Waldemar O. gleich am Morgen nach der Tat fest. Seitdem sitzt er in Untersuchungshaft. Das abschließende Ergebnis seiner psychiatrischen Begutachtung steht noch aus. Der Mann soll zum Tatzeitpunkt unter Alkoholeinfluss gestanden haben. Ob das möglicherweise zu einer Schuldminderung führen kann, wird zur Zeit noch untersucht.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass Waldemar O. einen Tötungsvorsatz hatte. Dass er Thiemo K. dann vor die U-Bahn schubste, nachdem dieser sich abgewendet hatte, sei außerdem heimtückisch gewesen – deshalb versuchter Mord. Mord liegt beispielsweise vor, wenn die Tat mit Heimtücke, Habgier oder besonderer Grausamkeit ausgeführt wird.

Der in Kasachstan geborene, über zwei Meter große Waldemar O. bestreitet, zur Tatzeit auf dem U-Bahnhof Zwickauer Damm in Rudow gewesen zu sein. Zeugen der Tat hatten ihn auf vorgelegten Polizeifotos wiedererkannt. O. ist wegen mehrerer Gewalttaten vorbestraft und soll regelmäßig auf dem Bahnhof gezecht haben. Ein Termin für die Gerichtsverhandlung gegen ihn steht noch nicht fest.

Ähnliche Taten gab es in Berlin im Dezember 2001 und im August 2002. Die vor U-Bahnen geschubsten Opfer, eine 24-jährige Frau aus Kreuzberg und ein 26-jähriger Mann, überlebten mit schwersten Verletzungen. Die Täter, der 23-jährige Dennis P. und der 20-jährige Mcjonny A . aus Liberia wurden bisher nicht verurteilt, sitzen aber in der Forensischen Psychiatrie.

Gegen Dennis P. wird nach Angaben der Justiz im Sommer dieses Jahres ein Sicherungsverfahren eröffnet. Ziel: Seine dauerhafte Unterbringung in der Psychiatrie.

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