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Berlin: Verteidiger fordert Freispruch im Mordfall Sürücü

Aussagen der Freundin des Todesschützen werden von ihm als nicht brauchbar angesehen Prozesstag vom Unfalltod einer Nebenklage-Anwältin überschattet

Ayhan Sürücü war erfreut. Er klopfte dem Verteidiger seines Bruders Mutlu lobend auf die Schulter. Da hatte der Anwalt gerade kräftig gewettert. „Woher kommen Sie zu der saloppen Gewissheit, dass alle drei Brüder schuldig sind?“, fragte er in Richtung des Staatsanwalts. Ayhan sei ein Alleintäter, der Verdacht gegen seine beiden älteren Brüder eine „Ungeheuerlichkeit“. Mutlu habe als religiöser Mensch auf gar keinen Fall den Tod seiner Schwester Hatun gebilligt, sagte Anwalt Heinz Möller und beantragte Freispruch.

Der gestrige 24. Verhandlungstag hatte eine Stunde später begonnen als geplant. Das Gericht wollte den Prozessbeteiligten Gelegenheit geben, die schockierende Nachricht vom Unfalltod einer Anwältin der Nebenklage zu verarbeiten. Die 43-jährige Graciela Sievers, die Hatuns Schwester Arzu vertrat, war am Dienstagabend an einer Ampel in Charlottenburg von einem Lastwagen erfasst und tödlich verletzt worden. In der vergangenen Woche hatte sie für Mutlu und Alpaslan Freispruch verlangt, gegen Ayhan mit zehn Jahren Jugendstrafe die Höchststrafe.

Der jüngste Bruder, der zur Tatzeit 18-jährige Ayhan, hatte im Prozess gestanden, seine Schwester Hatun erschossen zu haben. Als Motiv gab er den Lebensstil der 23-Jährigen an. Seine Brüder hatten eine Beteiligung an der Tat bestritten.

Aufgrund von Aussagen von Melek, der damals 18-jährigen Freundin von Ayhan, geht die Anklage jedoch davon aus, dass der 26-jährige Mutlu die Waffe besorgte und der 25-jährige Alpaslan Schmiere stand. Die Aussagen sind aus Sicht der Verteidigung als Beweismittel nicht brauchbar. Etwas müsse Ayhan geritten haben, sich ihr gegenüber nicht als Alleintäter darzustellen, sagte Möller. Und andere Beweise als Melek gebe es nicht: „Keine DNA-Spuren, keine Fingerabdrücke, keine Tatwaffe.“

Ankläger Matthias Weidling hatte beantragt, alle drei Brüder wegen gemeinschaftlichen Mordes zu verurteilen. Für den Todesschützen Ayhan forderte er eine Jugendstrafe von neun Jahren und acht Monaten, für Alpaslan und Mutlu lebenslange Haft. Am 7. April wird der Prozess mit dem Plädoyer des Verteidigers von Ayhan fortgesetzt. K. G.

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