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Gesprächsstoff: Senatssprecherin Daniela Augenstein (links) ist bis kurz vor der Wahl erst mal im Urlaub.

© imago/Ulli Winkler

Vertraute des SPD-Spitzenkandidaten: Ferien oder Abschied? Müllers Sprecherin nimmt lange Urlaub

Daniela Augenstein, Beraterin von Michael Müller, hat ihren Resturlaub beantragt - wenige Wochen vor der Wahl. Die Rede ist von einem Zerwürfnis mit dem Regierungschef.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) muss in der heißen Phase des Wahlkamps auf seine langjährige Beraterin und enge Vertraute Daniela Augenstein verzichten. Vielleicht auch nach der Wahl vom 18. September, denn in der SPD läuft das Gerücht um, dass es zwischen der Senatssprecherin und dem Senatschef zu „schwerwiegenden Zerwürfnissen“ gekommen sei.

An der Parteibasis, aber auch in Führungskreisen wird gerätselt, was geschehen sein könnte. Augenstein war seit 2009 Sprecherin der Berliner SPD, die damals von Müller geführt wurde. Als der Landes- und Fraktionschef der Sozialdemokraten 2012 als Senator in die Stadtentwicklungsbehörde wechselte, nahm er sie als Pressereferentin mit. Wieder zwei Jahre später folgte Augenstein dem neu gewählten Regierungschef Müller als Senatssprecherin ins Rote Rathaus.

Vor dieser Karriere in der Landespolitik war die Sozialdemokratin schon einige Jahre in der Pressestelle der SPD-Bundeszentrale tätig, auch während der Bundestagswahlkämpfe.

Der erste große Urlaub im Jahr - kurz vor der Wahl

Viele Genossen sind irritiert, dass die als „Parteisoldatin“ und erfahrene Wahlkämpferin bekannte Augenstein ausgerechnet in diesen entscheidenden Wochen vor der Wahl Urlaub macht. Und zwar den ersten großen Jahresurlaub, ansonsten gönnte sie sich seit Jahresbeginn nur gelegentlich ein paar freie Tage. Am 17. August hatte sie sich für zehn Tage aus dem Dienst verabschiedet. Doch aus dem Urlaub heraus beantragte sie dem Vernehmen nach ihren gesamten Resturlaub. Demnach dürfte die Senatssprecherin erst in der Woche vor der Abgeordnetenhauswahl wieder präsent sein.

Eine Anfrage des Tagesspiegel, was denn an den Mutmaßungen über ein Zerwürfnis mit Müller dran sei, und ob sie über die Wahl hinaus Senatssprecherin bleibe, beantwortete Augenstein nicht.

Die Rede ist von "unüberbrückbaren Differenzen"

Der Chef der Senatskanzlei, Björn Böhning sagte, ihm sei von solchen Gerüchten „nichts bekannt“. Die Sprecherin, das könne er nach Rücksprache mit Müller sagen, sei „ganz normal im Urlaub“. Es habe die Absprache gegeben, sie solle bis zur Wahl kürzer treten, die Zeit danach, mit Koalitionsgesprächen und Regierungsbildung, werde anstrengend genug.

In SPD-Kreisen wird aber spätestens seit Anfang dieser Woche gemunkelt, dass nicht die Fürsorge des Regierenden Bürgermeisters der Grund für den plötzlich verlängerten, insgesamt dreieinhalbwöchigen Urlaub seiner Sprecherin in der heißen Wahlkampfphase ist. Von „unüberbrückbaren Differenzen“ ist die Rede, aber auch von einer möglichen Überarbeitung der äußerst ehrgeizigen und leistungsbereiten SPD-Frau, die normalerweise fast rund um die Uhr ansprechbar ist. Selbst zu den Grünen hat sich das Thema herumgesprochen.

Das Gerücht gilt als Indiz für die schlechte Stimmung in der SPD

Das jüngste Gerücht gilt SPD-intern auch als Indiz für den Umgang Müllers mit seinen Mitarbeitern, und für den Grad der Verunsicherung in der Regierungspartei angesichts des schwierigen Wahlkampfs, schlechter Umfragen und wechselnder Strategien. So ist der Lager-Wahlkampf, den Müller mit einem Bekenntnis für Rot-Grün in einem Beitrag für den Tagesspiegel ausrief, in der Landes-SPD höchst umstritten. „Die Kommunikation läuft nicht rund“, kommentierte auch ein CDU-Politiker.

Dass Senatssprecher offiziell nicht zum Wahlkampf-Team des Regierenden Bürgermeisters gehören, wissen die Genossen. Es ist aber auch Allgemeingut – und in Berlin Tradition –, dass die Sprachrohre der Regierungschefs in den Wochen vor einer Wahl als Kommunikator und Berater sehr wichtig sind.

Die Leistungsfähigkeit und Kompetenz Augensteins steht nicht in Frage, ebenso wenig ihr Recht auf Erholung. Trotzdem wird die Urlaubs-Version der Senatskanzlei ungläubig registriert – als möglicher Versuch einer Schadensbegrenzung. Denn der öffentliche Rücktritt der Senatssprecherin so kurz vor der Wahl wäre ein fatales Signal.

Berlin hat die Wahl - und wir die Infos: Aktuelle Umfragen, Entwicklungen und Hintergründe haben wir auf dieser Sonderseite für Sie zusammengefasst: www.wahl.tagesspiegel.de

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