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Veruntreuung: In die eigene Tasche kassiert

Der der Untreue beschuldigte Behördenchef aus Steglitz-Zehlendorf galt als besonders engagiert. Die zuständige Stadträtin hält es für "sehr unwahrscheinlich", dass er je ins Amt zurückkehrt.

Im Fernsehen präsentierte sich Thomas M. als souveräner Ordnungshüter. Nach Drehschluss wechselte er offenbar die Seiten. Der wegen eines laufenden Verfahrens zurzeit beurlaubte Chef des Ordnungsamtes Steglitz-Zehlendorf ist Millionen Fernsehzuschauern aus der Kabel-1-Dokumentation „Mein Revier – Ordnungshüter räumen auf!“ als Vorzeigebeamter bekannt. Rückblickend wirkt die Serienbeschreibung nun etwas kurios: „Ordnungsamtsleiter Thomas M. sorgt in Berlin-Steglitz dafür, dass keine Parksünde ungestraft bleibt.“ Diese Sorgfalt kann den zuständigen Staatsanwalt kaum wundern, der nun gegen M. wegen des Verdachts auf Veruntreuung von Bußgeldern in Höhe von mindestens 286 000 Euro ermittelt.

Die Steglitzer Wirtschaftsstadträtin Barbara Loth lässt hingegen mitteilen, von den Verdachtsmomenten völlig überrascht worden zu sein. „Kein Mensch hatte die Idee, dass jemand so kriminell sein könnte“, sagte sie. Den betreffenden Mitarbeiter, dessen Namen und Funktion sie nicht dementieren oder bestätigen wollte, habe sie persönlich gekannt und sei „absolut enttäuscht“. Ihren Urlaub habe sie wegen des Vorfalls abgebrochen. Sofort nach Bekanntwerden der Vorwürfe habe Bürgermeister Norbert Kopp auch die Mitarbeiter informiert. Die seien in ihrem Vertrauen in den Beschuldigten nun tief erschüttert.

Und das Vertrauen muss früher groß gewesen sein. Laut Holger Freund, Sprecher der Staatsanwaltschaft, gehe man derzeit davon aus, dass Gelder bereits seit Mai 2006 unterschlagen wurden: „Eigentlich hätte das spätestens in den jährlichen Revisionen 2007, 2008 und 2009 auffallen müssen.“

Doch der Betrug fiel nur zufällig auf, weil 70 Euro in der Kasse fehlten. Eine Überprüfung des Verfahrens der Bareinzahlungen fand dann den kleineren Betrag wieder, offenbarte aber gleichzeitig den riesigen Fehlbetrag.

Dabei stand Thomas M. im Fokus der Öffentlichkeit wie kaum ein anderer Amtsleiter. Nicht nur im Fernsehen profilierte er sich als Menschenfreund. Auch den Tagesspiegel führte er im vergangenen Winter buchstäblich aufs Glatteis. Eine Redakteurin begleitete ihn bei seinem Kampf gegen Hauseigentümer, die ihre Gehwege nicht ordnungsgemäß streuten. Bis zu 120 Euro Bußgeld, erklärte M., könne das kosten. Aus Sorge um die Bürger ließ Justizsenatorin Gisela von der Aue damals sogar Sträflinge anrücken, um den Platz vor ihrem Verwaltungssitz vom Eis befreien zu lassen. Erhärten sich die Vorwürfe, wird M. im nächsten Jahr womöglich nur noch auf diese Weise für Ordnung sorgen können. Denn dass er noch mal im Bezirksamt Steglitz arbeiten werde, hält Loth derzeit für „sehr unwahrscheinlich“.

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