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Berlin: Verurteilte Dealer bleiben auf freiem Fuß

Staatsanwaltschaft gesteht Fehler ein. Behörde will jetzt reagieren. Opposition fordert Aufklärung

Von Sabine Beikler

Im Fall der drei Drogenhändler, die wie gestern berichtet trotz ausgesprochener Haftstrafen noch immer auf freiem Fuß sind, räumt die Staatsanwaltschaft Fehler ein. „Wir hätten in diesem Fall sensibler reagieren müssen“, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Andreas Behm gestern dem Tagesspiegel.

Die Drogenhändler, die wegen Kokainschmuggels zu langen Haftstrafen verurteilt worden waren, mussten vergangenes Jahr wegen Verfahrensverzögerungen aus der Haft entlassen werden. Das Trio beantragte eine Revision beim Bundesgerichtshof, das am 10. Januar die Revision in zwei Fällen verwarf. Doch statt die Männer unverzüglich zum Haftantritt zu laden, sind diese bis heute auf freiem Fuß. Laut Oberstaatsanwalt Andreas Behm habe es keinen Grund gegeben, von einer Fluchtgefahr auszugehen. Die drei hätten sich regelmäßig freiwillig bei den Behörden gemeldet.

Man werde intern prüfen, woran es gelegen habe, dass die Ladung noch nicht ausgesprochen wurde. Offenbar ist ein Teil der Akten noch beim Landgericht, die Vollstreckungsabteilung der Staatsanwaltschaft hat sie noch nicht auf ihrem Tisch. Behm sagte, diese Akten würden „jetzt beschleunigt angefordert“ beziehungsweise direkt abgeholt. Innerhalb der nächsten zwei Wochen werde man die Ladung senden.

Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD) bestellte gestern den Leitenden Staatsanwalt und einen Vertreter der Generalstaatsanwaltschaft ein und war „nicht begeistert“ darüber, dass die rechtmäßig verurteilten Drogenhändler immer noch nicht ihre Haftstrafen zwischen sechs und neun Jahren angetreten haben. Sie habe die Staatsanwaltschaft aufgefordert, „umgehend zu reagieren“, sagte ihr Sprecher Daniel Abbou.

Schon in dem bisherigen Verfahren hat sich die Behörde grobe Fehler geleistet. Die insgesamt zehnköpfige Bande wurde im September 2006 zu hohen Haftstrafen verurteilt. Ihnen wurde vorgeworfen, auf Segeltouren mehr als eine Tonne Kokain aus der Karibik nach Europa transportiert zu haben. Drei von zehn beantragten die Revision des Urteils. Doch mussten das Kammer- und das Landgericht die Männer freilassen, weil die Untersuchungshaft über dem gebotenen Zeitraum von einem halben Jahr lag. Erst neun Monate nach dem Urteil schaffte es die Staatsanwaltschaft, die Akten zum Bundesgerichtshof zu schicken.

Darüber debattierte der Rechtsausschuss schon voriges Jahr. Jetzt erwarten Opposition und SPD erneut von der Justizverwaltung Aufklärung – in der Sitzung an diesem Mittwoch. „Das ist ein handfester Skandal und ein Schlag ins Gesicht der Ermittler, deren Fahndungserfolg durch eine Pannenserie kaputt gemacht wird“, sagt CDU-Generalsekretär Frank Henkel. Der SPD-Rechtspolitiker Fritz Felgentreu will wissen, wie die Staatsanwaltschaft solche Pannen künftig verhindern will.

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