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Verwaltung: In Bürgerämtern regiert das Chaos

Fehlendes Personal, überfüllte Wartezimmer und verkürzte Sprechzeiten: In den Bürgerämtern herrscht der Notstand. Auch die Kfz-Zulassungsstellen sind wegen Abwrackprämie stark überlastet.

Berlin will seine Bürger in Ämtern schneller ans Ziel bringen – mit der zentralen Behördeneinwahl 115 und dem Versprechen, die „Service-Stadt Berlin“ auszubauen. Doch Anspruch und Wirklichkeit klaffen derzeit weit auseinander. Besucher vieler Berliner Bürgerämter erleben immer häufiger, dass sie bereits lange vor dem Sprechstundenende keine Wartenummern mehr bekommen. Besonders die Situation in Spandau, wo inzwischen die Hälfte der 30 Mitarbeiter wegen Krankheit oder Urlaubs ausgefallen ist. Auch bei den Kraftfahrzeugzulassungsstellen müssen Klienten mit längeren Wartezeiten rechnen.

Für Berufstätige haben viele Bürgerämter eigens Spätsprechstunden eingerichtet, im Rathaus Spandau zum Beispiel dienstags und donnerstags bis 18 Uhr. Dennoch bekommt hier mancher wegen Überfüllung und Personalmangel bereits nachmittags keine Wartenummer mehr. In dringenden Fällen sollte man sich bei der Amtsleitung melden oder telefonisch einen Termin vereinbaren, sagt die zuständige Stadträtin Daniela Kleineidam (SPD). Der hohe Krankenstand sei keine Folge der hohen Arbeitsbelastung, sondern eine Verkettung bedauerlicher Zufälle.

Zusätzlich hat den Bezirk getroffen, dass 2008 fünf Mitarbeiter in den Ruhestand traten, die Plätze aber aus Geldmangel bis zum Jahresende nicht neu besetzt werden konnten. Die Häufung von Wahlen und Volksentscheiden in diesem Jahr hat zusätzliche Engpässe verursacht, sagt Stadtrat Stephan von Dassel (Grüne) in Mitte. Denn die Wahlhelfer haben Anspruch auf ein bis zwei freie Tage. Dagegen sorgt seit Jahresbeginn die Ausgabe der Berlinpässe für Hartz IV- und Sozialhilfeempfänger insbesondere an den Monatsenden für zusätzlichen Andrang.

In Reinickendorf ist das Bürgeramt Heiligensee seit April wegen Personalmangels geschlossen. „Die Situation ist zunehmend angespannt“, sagt auch Stadtrat Oliver Schworck (SPD) in Tempelhof-Schöneberg. Man versuche, die größten Lücken mit Kräften vom freien Arbeitsmarkt zu schließen, die aber nur zeitlich befristet eingestellt werden können. „Wir werden sehen müssen, ob wir 2010 noch alle drei Standorte anbieten können.“ In Lichtenberg konnten Schließungen bisher vermieden werden, doch schieben die Mitarbeiter laut Dezernentin Katrin Framke (parteilos für die Linke) „eine Bugwelle an Überstunden“ vor sich her.

In Charlottenburg-Wilmersdorf ist der Personalstand „an der unteren Grenze“, erklärt Stadtrat Joachim Krüger (CDU). Auch hier muss die Ausgabe der Wartenummern oft ein bis zwei Stunden vor Ende der Sprechstunden eingestellt werden. Dazu kommen finanzielle Engpässe. Auf einer Klausurtagung am Dienstag will das Bezirksamt entscheiden, ob man sich weiter drei Bürgerämter und zwei zusätzliche Außenstellen leisten kann. In Pankow hat man eine Schließung des Bürgeramtes in Karow erwogen, aus Gründen der Bürgernähe aber vorerst verworfen.

Bei den Kraftfahrzeugzulassungsstellen sorgt die Abwrackprämie und die im Mai um 15 Prozent gestiegene Zahl der Neuzulassungen für zum Teil mehrstündige Wartezeiten. „In der vergangenen Woche mussten wir wegen des erhöhten Kundenaufkommens teils vorzeitig schließen“, so Christoph Krause vom Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten. Für die Zulassungsstelle Lichtenberg (Ferdinand-Schultze-Straße 55) können die Bürger unter der Rufnummer 90 269 3300 Termine ohne nennenswerte Wartezeiten vereinbaren. In den Bürgerämtern Friedrichshain-Kreuzberg, Marzahn-Hellersdorf und Pankow ist die Terminvergabe schon online möglich (www.berlin.de/buergeramt/terminvereinbarung). Die Bestätigung gibt es per E-Mail oder SMS. So bequem geht es aber bisher nur im Rahmen eines Modellversuchs.Rainer W. During

Rainer W. During

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