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Berlin: Verzweiflungstat: Suizid als letzter Akt des Dramas - Der Psychiater Ulrich Giese über mögliche Hintergründe der Tat

Was bringt einen Menschen dazu, die eigenen Kinder und den Ehemann umzubringen? Als Kurzschlusshandlung oder Panikreaktion werden solche Tragödien meist oberflächlich beschrieben.

Was bringt einen Menschen dazu, die eigenen Kinder und den Ehemann umzubringen? Als Kurzschlusshandlung oder Panikreaktion werden solche Tragödien meist oberflächlich beschrieben. Doch bis es so weit kommt, muss viel geschehen sein. "Es gibt ja eine ungeheure Hemmschwelle, Hand an jene zu legen, die uns am liebsten sind", sagt der Forensische Psychiater und ärztliche Leiter des Krankenhauses im Berliner Maßregelvollzug, Ulrich Giese.

Nach bisherigen Informationen hatte die 38-jährige Wilmersdorferin keinen Versuch unternommen, sich auch selbst zu töten. Giese geht allerdings auf Grund von Erfahrungen in ähnlichen Fällen, die er begutachtete, davon aus, dass sie als "letzten Akt" einen Suizid plante. Zuvor haben sich in der Regel zwischenmenschliche und finanzielle Probleme und andere Sorgen einer Familie derart verdichtet, dass die späteren Täter laut Giese in einer Mischung aus Angst, Trauer und Hoffnungslosigkeit keinen Ausweg mehr sehen und mehr und mehr in Verwirrung geraten. "Kommt dann noch ein kleines bisschen hinzu, zum Beispiel ein weiterer Brief des Gerichtsvollziehers, so bricht alles zusammen."

In den meisten Fällen entscheiden sich die Täter nun für einen so genannten erweiterten Suizid, was bedeutet: Sie wollen nach dem eigenen Tod die engsten Angehörigen nicht mit allen Problemen alleine lassen und umgekehrt auch nicht als einzige überleben. Also wird die gesamte Familie ausgelöscht. Danach allerdings haben sie oft nicht mehr die Kraft, Hand an sich selbst zu legen: Aus Angst, oder weil sie plötzlich ihre Tat realisieren und geschockt innehalten.

Zwei ähnliche Fälle, bei den Frauen ihre Kinder töteten, ereigneten sich 1999 und 2000 in Berlin und München. Die Motive waren allerdings andere: Verzweiflung über die Ehe und Trennungsabsichten der Männer lösten bei beiden Frauen den Kurzschluss aus. Vermutlich wollten sie ihre Partner mit der Tat bestrafen. Deshalb brachten sie nicht die Männer um.

CS

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