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Wirrwarr. Viele Regeln sind bekannt, manche in Vergessenheit geraten, andere kaum bekannt. Hier werden einige erklärt.

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Verzwickte Verkehrsregeln: Das Gesetz der Berliner Straßen

Es geht rau zu auf Berlins Straßen – auch, weil mancher die genauen Verkehrsregeln nicht kennt. Jetzt wird das Wissen aufgefrischt: Die Polizei beantwortet Leserfragen zu verschiedenen Situationen, ob mit Fahrrad, zu Fuß oder mit dem Auto.

Die Resonanz war gewaltig, als der Tagesspiegel Anfang Januar einige Verkehrsregeln veröffentlichte – in Form von Fragen, die von der Verkehrspolizei beantwortet wurden. Viele davon bezogen sich auf scheinbare Kleinigkeiten. Aber es ist eben die Summe, die das Verkehrsklima in der Stadt bestimmt: Was der eine nicht weiß oder für belanglos hält, gefährdet andere oder regt sie einfach auf. Hunderte Kommentare und ein paar Dutzend weitere, teils knifflige Fragen trafen nach dem Auftakt dieser Regelkunde in der Redaktion ein. Einige davon hat das Polizeipräsidium zwischenzeitlich beantwortet – und vorsorglich mit dem Hinweis versehen, dass die Antworten die allgemeine Rechtslage wiedergeben und nicht jede Ausnahme berücksichtigen können, die es an dieser oder jener Ecke geben mag. Im Zweifel gilt deshalb weiter: Wer die Regeln kennt, kommt besser durch den Verkehr. Und wer im Zweifel Rücksicht nimmt, liegt nie verkehrt.

23. Wo darf ein Auto parken/halten, wenn es einen Fahrradstreifen auf der Straße gibt? Ich sehe entweder, dass rechts Autos parken und der Fahrradstreifen in zweiter Reihe zugeparkt ist. Oder ich sehe rechts parkende Autos, der Fahrradstreifen ist frei, und links daneben, mitten auf der Straße, hält ein Auto.

In der Regel müssen Autofahrer am rechten Fahrbahnrand halten oder parken. Insofern ist es in zweiter Reihe auf sowie links neben dem Radfahr- oder Schutzstreifen nicht zulässig. Kraftfahrer sollten sich bewusst sein, dass sie durch dieses Verhalten andere Verkehrsteilnehmer behindern und ihre Fahrzeuge auch abgeschleppt werden können.

24. Wie erkenne ich eine Nebenstraße, die das sonst übliche „rechts vor links“ aufhebt?

Die Vorfahrtregel „rechts vor links“ gilt unter anderem nicht an Einmündungen, die über einen abgesenkten Bordstein herausführen. Derjenige, der von rechts kommt, biegt daher nicht ab, sondern fährt, wie beim Verlassen eines Grundstücks, in die Straße ein und muss dem Querverkehr Vorrang gewähren. Diese Regelung gilt in der Regel auch für Fahrzeugführer, die von einem verkehrsberuhigten Bereich in eine andere Straße einfahren.

25. Wie viel Abstand muss ein Radfahrer von einem geparkten Auto einhalten, das er passiert?

Radfahrer müssen, wie andere Fahrzeugführer auch, beim Vorbeifahren an haltenden oder parkenden Fahrzeugen einen ausreichenden Seitenabstand einhalten. Obwohl dieser nicht konkret gesetzlich formuliert ist und der jeweiligen Verkehrssituation angepasst werden muss, hat er nach der Rechtsprechung etwa einen Meter zum Fahrbahnrand zu betragen. Radfahrer sollten den Abstand jedoch möglichst so bemessen, dass sie auch an plötzlich geöffneten Fahrzeugtüren noch gefahrlos vorbeifahren können.

26. Auf vielen Hauptstraßen wie der Leipziger Straße gibt es mindestens drei Spuren. Eine davon ist eine Rechtsabbiegerspur. Wer sich als Radfahrer auf die rechte Geradeausspur stellt (also insgesamt die zweite von rechts), wird oft von Autofahrern angehupt und von anderen geradeaus fahrenden Radfahrern rechts überholt. So hängt man oft erst recht den Autos vor dem Kühler. Was tun?

Auch wenn es in der beschriebenen Situation häufig zu Missverständnissen kommt, verhält sich der Radfahrer korrekt. Er darf als Geradeausfahrer auch nicht die Rechtsabbiegerspur benutzen, wenn Pfeile auf markierten Fahrstreifen die Fahrtrichtung vorgeben.

27. Darf man bei Grün oder Gelb noch in eine Kreuzung einfahren, die man möglicherweise nicht mehr räumen kann? Praktisch ist das im Stadtverkehr manchmal kaum zu vermeiden.

Zunächst einmal müssen Fahrzeugführer ohnehin schon beim Umschalten der Ampel von Grün auf Gelb halten, wenn das noch mit normaler Bremsung möglich ist. Ansonsten darf trotz Grün nicht in die Kreuzung eingefahren werden, wenn man sie, zum Beispiel wegen stockenden Verkehrs, nicht rechtzeitig verlassen kann.

28. Wie ist die Vorfahrtregelung im Kreisverkehr ohne Schilder? Und wann ist ein Platz ein Kreisverkehr? Zum Beispiel am Barbarossaplatz herrscht oft Verwirrung: Manche sind der wohl irrigen Annahme, dass sie im Kreisverkehr grundsätzlich Vorfahrt haben.

Ein Platz wird zum Kreisverkehr, wenn an allen Zufahrten das Zeichen „Vorfahrt gewähren“ sowie das runde blaue Verkehrszeichen mit drei kreisförmig angeordneten weißen Pfeilen aufgestellt ist. Nur dann hat der im Kreis Fahrende Vorfahrt. Der Blinker ist bei Einfahrt in einen Kreisverkehr nicht zu benutzen. Ist der Platz nicht so beschildert, handelt es sich um kreisförmige Plätze. Hier gilt wie an Kreuzungen und Einmündungen die Vorfahrtregel „rechts vor links“, sofern Verkehrsschilder es nicht anders regeln. Sowohl beim Einfahren als auch beim Ausfahren aus dem kreisförmigen Verkehr ist zu blinken.

29. Dürfen Radfahrer alle Einbahnstraßen entgegen der Fahrtrichtung benutzen?

Nein, Radfahrer dürfen Einbahnstraßen nur in der Gegenrichtung befahren, wenn diese entsprechend beschildert sind.

30. Kinder bis zehn Jahre dürfen mit dem Rad auf dem Gehweg fahren. Gilt das auch für sie begleitende Erwachsene?
Nein, Erwachsene dürfen auch in diesem Fall den Gehweg nicht befahren.

31. Ich fahre mit dem Rad immer etwa auf der gedachten „Drittellinie“ der rechten Fahrspur. Dafür werde ich von Autofahrern oft beschimpft. Andererseits bin ich damit sicher vor aufgerissenen Türen und vor überholenden Autos, die sich auf meiner Spur an mir vorbeidrängeln wollen. Gibt es einen Mindestabstand, den ein Pkw zu einem Radfahrer einzuhalten hat, und ist das Überholen auf derselben Fahrspur zulässig?
Insbesondere beim Überholen von Radfahrern ist besondere Vorsicht geboten. Es muss mit Ausschwenken und Schreckreaktionen gerechnet werden. Insofern ist ein ausreichender Sicherheitsabstand einzuhalten, der zu Radfahrern nach gängiger Rechtsprechung mindestens 1,5 bis 2 Meter betragen sollte. Beim Überholen muss nicht zwangsläufig der Fahrstreifen gewechselt werden. Es wird dabei aber mindestens die teilweise Mitbenutzung der linken Spur erforderlich sein.

32. Ich befahre mit dem Fahrrad eine (dafür zugelassene) Einbahnstraße entgegen der Fahrtrichtung. Habe ich an der nächsten Kreuzung Vorfahrt gegenüber den von links kommenden Verkehrsteilnehmern?
Radfahrer, die eine Einbahnstraße aufgrund einer entsprechenden Beschilderung zulässigerweise entgegen der Fahrtrichtung befahren, sind an Einmündungen beziehungsweise Kreuzungen auch vorfahrtsberechtigt gegenüber von links kommenden Fahrzeugen. Hier greift also auch die Regelung „rechts vor links“, sofern Zeichen es nicht anders regeln.

33. Ich wohne in einer schmalen Straße. Wenn gegenüber meiner Ausfahrt geparkt wird, bleiben zwischen dem parkenden Auto und der Bordsteinkante vor meiner Ausfahrt nur noch 2,70 Meter, was das Rangieren schwierig macht. Ist das Parken an dieser Stelle erlaubt? Und wer haftet für Schäden?
Vor Grundstücksein- und -ausfahrten besteht Parkverbot, auf schmalen Fahrbahnen auch gegenüber. Das bedeutet, dass ein gegenüber der Ein-/Ausfahrt stehendes Fahrzeug dann verbotswidrig parkt, wenn man nur durch schwieriges Rangieren (mindestens dreimal vor und zurück) ein- oder ausfahren kann. In den Fällen, in denen das geparkte Fahrzeug durch den Ein- oder Ausfahrenden beschädigt wird, haftet in der Regel nicht der Falschparker, sondern der Verursacher, also derjenige, der gegen das Fahrzeug gefahren ist.

Weitere Fragen rund um den Verkehr lesen Sie auf der nächsten Seite.

Wirrwarr. Viele Regeln sind bekannt, manche in Vergessenheit geraten, andere kaum bekannt. Hier werden einige erklärt.
Wirrwarr. Viele Regeln sind bekannt, manche in Vergessenheit geraten, andere kaum bekannt. Hier werden einige erklärt.

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34. Dürfen Autofahrer an Kreuzungen gelegene Supermarktparkplätze oder Tankstellengelände benutzen, um die rote Ampel zu umgehen? Wenn nein: Welche Konsequenzen drohen?
Auch derjenige, der eine Ampel gezielt umfährt und dann bei anhaltendem Rotlicht wieder in den geschützten Bereich einer Kreuzung oder Einmündung einfährt, begeht einen Rotlichtverstoß. Geschützt ist dabei der innerhalb der Haltlinien liegende Verkehrsraum, aber auch parallel laufende Randstreifen oder Parkstreifen sowie Geh- und Radwege. In der Regel befinden sich Ein- und Ausfahrten, zum Beispiel an Tankstellengeländen, jedoch außerhalb des geschützten Bereichs. Obwohl dann keine Rotlichtfahrt vorliegt, verstößt man durch das gezielte Umfahren der Ampel jedoch gegen die Straßenbenutzungspflicht.

35. Auf einer Hauptverkehrsstraße sind die getrennten Richtungsfahrbahnen nur an Einmündungen und Querstraßen miteinander verbunden. Muss beim Wenden an einer solchen Stelle „im kurzen Bogen“ oder „im großen Bogen“ über den asphaltierten Mittelstreifen gefahren werden, wenn keine Markierung vorhanden ist?
In diesen Fällen ist die Art des Wendevorganges nicht explizit geregelt. Es ist jedoch zu gewährleisten, dass beim Wendemanöver niemand gefährdet wird.

36. Darf ich beim Rechtsabbiegen in eine mehrspurige Querstraße auch gleich auf deren mittlere oder linke Spur fahren, oder muss ich mich strikt rechts halten?
Beim Rechtsabbiegen in eine mehrspurige Querstraße kann man den Fahrstreifen grundsätzlich neu wählen, es sei denn, die Fahrstreifen sind für den Abbiegeverkehr fortlaufend markiert. Wählt man einen anderen als den rechten Fahrstreifen, so ist besondere Vorsicht geboten, damit ebenfalls rechts abbiegende oder querende Verkehrsteilnehmer nicht behindert oder gefährdet werden.

37. In manchen Tempo-30-Zonen (z. B. in der Bleibtreustraße) sind Fußgängerfurten mit roter Pflasterung optisch hervorgehoben. Signalisiert diese Markierung einen Vorrang der Fußgänger oder ist sie nur als „freundlicher Hinweis“ für Autofahrer gemeint?
Bei diesen optisch hervorgehobenen Fußgängerfurten handelt es sich um sogenannte Überquerungshilfen. Sie sollen insbesondere Menschen mit Behinderungen (Blinden) und älteren Menschen mit Seheinschränkungen das Überqueren der Straße erleichtern. Diese Überquerungsstelle soll schon aus größerer Entfernung von Kraftfahrern erkannt werden, damit gegebenenfalls rechtzeitig vor querenden Radfahrern und Fußgängern angehalten werden kann. Anders als an Zebrastreifen müssen Kraftfahrer dort nicht anhalten, um Fußgängern das Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen.

38. Ist eine „Spielstraße“ dasselbe wie ein „verkehrsberuhigter Bereich“?
Nein. Eine „Spielstraße“ ist eine Verkehrsfläche, die für den gesamten Fahrzeugverkehr, also nicht nur für Kraftfahrzeuge, gesperrt ist. Hier ist es zum Beispiel Kindern erlaubt, auch auf Fahrbahnen und Seitenstreifen zu spielen. Auch Sport kann durch Zusatzzeichen erlaubt sein. Solche „Spielstraßen“ gibt es allerdings immer seltener.
Ein verkehrsberuhigter Bereich hingegen ist eine öffentliche Verkehrsfläche, auf der Fußgänger bevorrechtigt sind. Er ist ein Aufenthalts- und Bewegungsraum.
Innerhalb dieses Bereichs gilt:
Fußgänger dürfen die Straße in ihrer ganzen Breite benutzen; Kinderspiele sind überall erlaubt.
Der Fahrzeugverkehr muss Schrittgeschwindigkeit einhalten.
Die Fahrzeugführer dürfen die Fußgänger weder gefährden noch behindern; wenn nötig, müssen sie warten.
Die Fußgänger dürfen den Fahrverkehr nicht unnötig behindern.
Das Parken ist außerhalb der dafür gekennzeichneten Flächen unzulässig, ausgenommen zum Ein- oder Aussteigen sowie zum Be- oder Entladen.

39. Bitte erklären Sie die Bedingungen der Fahrradstraßen mit „Anlieger frei“: Welche (Vor-)Rechte haben die Radfahrer? Gibt es eine Geschwindigkeitsbeschränkung? Wie ist die Einmündung in normale Straßen geregelt? Und darf man zur Parkplatzsuche die Straße durchfahren, auch wenn man dort nicht wohnt?
Anderer Fahrzeugverkehr als Radverkehr darf Fahrradstraßen nicht benutzen, es sei denn, dies ist durch ein Zusatzzeichen erlaubt. Für den gesamten Fahrverkehr (also Radfahrer und Autofahrer) gilt eine Höchstgeschwindigkeit von 30 Kilometern pro Stunde. Radfahrer dürfen weder gefährdet noch behindert werden. Wenn nötig, muss der Kfz-Verkehr die Geschwindigkeit weiter verringern. Fahrradfahrer dürfen nebeneinander fahren.
Ist eine Fahrradstraße mit dem Zusatzschild „Anlieger frei“ gekennzeichnet, darf sie nur derjenige befahren, der ein an der Straße anliegendes Grundstück bewohnt oder zu seiner Erledigung aufsuchen muss. Der Begriff hat nichts mit einem „Anliegen“ zu tun, sondern stammt aus der Ortsbezeichnung. Diese Straßen dürfen daher nicht vom Durchgangsverkehr befahren werden.

40. Wann darf die Warnblinkanlage eingeschaltet werden?
Die Warnblinkanlage darf in allen Gefahrenfällen eingeschaltet werden, zum Beispiel um vor einer Unfallstelle oder einem Hindernis auf der Fahrbahn zu warnen. Sie muss eingeschaltet werden, wenn zum Beispiel ein Fahrzeug infolge einer Panne liegen bleibt und/oder abgeschleppt werden muss. Beim Abschleppen muss bei beiden Fahrzeugen das Warnblinklicht eingeschaltet sein.

Außerhalb geschlossener Ortschaften und auf Autobahnen kann das Warnblinklicht bei der Annäherung an einen Stau zur Warnung des nachfolgenden Verkehrs eingeschaltet werden.

Beim Halten und Parken in zweiter Reihe ist es jedoch nicht gestattet und im Übrigen auch ordnungswidrig, das Warnblinklicht einzuschalten.

41. Um Kreuzungen darf in einem Bereich von fünf Metern nicht geparkt werden. Gilt das in schmalen Nebenstraßen auch für die durchgehende Straßenseite, die einer Einmündung gegenüberliegt?
Nein, auf der gegenüber einer Einmündung gelegenen Straßenseite ist das Parken grundsätzlich zulässig.

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