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Berlin: Viel Lärm um Krach im Stadion

Gericht entscheidet, wie viele Konzerte im Olympiastadion stattfinden dürfen

Rockkonzerte im Olympiastadion fürchtet Beate Hartwig. „Wenn im Juli U2 spielen werden, wackeln bei uns wieder die Wände“, glaubt die 48-Jährige. Sie wohnt im Corbusier-Haus, nur wenige hundert Meter vom Stadion entfernt. Ob und wie oft in Zukunft in der Arena Bands auftreten dürfen, darüber entscheidet am heutigen Mittwoch das Verwaltungsgericht.

Ein Bewohner des Corbusier-Hauses klagt seit fast fünf Jahren gegen Lärm aus dem Stadion. Bei Konzerten würden Balkone und Fensterscheiben der Anwohner mit bis zu 70 Dezibel beschallt – fast so laut wie ein Linienbus in einem Meter Abstand. Bei Fußballspielen beträgt der Pegel meist um die 55 Dezibel, sagt Edelbert Scheffert, der als Schallgutachter für das Land Berlin tätig ist. In einem allgemeinen Wohngebiet sind tagsüber 55 Dezibel erlaubt, in einem Mischgebiet 60. Welcher dieser Werte für das Corbusier-Haus gilt, ist umstritten. Hinzu kommen Ausnahmen, die in der bundesweit geltenden Sportanlagenverordnung festgehalten sind. Danach dürfen Sportveranstalter 18 Mal im Jahr diese Grenzwerte überschreiten – etwa bei Abendspielen. Doch im Olympiastadion soll es darüber hinaus noch zusätzliche Veranstaltungen geben – vor allem Konzerte. Insgesamt wollte das Land Berlin eine einvernehmliche Regelung für 27 Veranstaltungen. In der Baugenehmigung für das sanierte Stadion sind keine Auflagen für den Lärmschutz enthalten. „Es ist rechtlich und umweltpolitisch ein Unding, dass dies nicht festgeschrieben ist“, sagt Klägeranwalt Peter von Feldmann. Deswegen sei die Baugenehmigung rechtswidrig.

Alle Vermittlungsbemühungen des Gerichts, mit dem Kläger eine Lösung zu finden, blieben erfolglos: „Das Land Berlin verlangte, dass der Vergleich als Belastung ins Grundbuch aufgenommen wird, und das bei mehr als 500 Eigentümern“, sagt von Feldmann. „Die Eintragung ist notwendig, damit auch mögliche Käufer an den Vergleich gebunden sind“, sagt dagegen Andreas Berr von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung.

Der Geschäftsführer der Olympiastadion Berlin GmbH, Peter von Löbbecke, kann die Aufregung des Klägers nicht verstehen. „Das U2-Konzert war in einer Stunde ausverkauft“, sagt von Löbbecke. „Andere Leute wären dankbar, wenn sie so zuhören könnten.“ Von Löbbecke will sowieso nur zwei bis vier Konzerte pro Jahr ins Stadion holen – „das sollte man hinnehmen“. Bis zu einer halben Million Euro nehmen die Stadionbetreiber pro Konzert ein – für eine positive Bilanz seien die Veranstaltungen deshalb unverzichtbar.

Jochen Neumeyer

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