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Berlin: Viele Jahre pflegte er seine Frau, dann soll er sie getötet haben

Tagein, tagaus pflegte er seine Ehefrau - jahrelang. „Er war über 40 Jahre mit ihr verheiratet, die Pflege war für ihn selbstverständlich“, sagte der Verteidiger von Klaus D.

Tagein, tagaus pflegte er seine Ehefrau - jahrelang. „Er war über 40 Jahre mit ihr verheiratet, die Pflege war für ihn selbstverständlich“, sagte der Verteidiger von Klaus D. am Rande des Prozesses und zeichnete das Bild eines aufopferungsvollen Mannes. An einem Morgen im November letzten Jahres aber schlug der 62-Jährige auf den Kopf der blinden und bettlägerigen Frau ein. So steht es in der Anklage. Ein Motiv findet sich dort nicht. Ratlos zeigte sich auch der Anwalt: „Herr D. kann sich das, was geschah, nicht erklären.“

Der Reinickendorfer Klaus D. muss sich seit gestern wegen Totschlags vor dem Landgericht verantworten. Aufrecht und im dunklen Anzug saß der gelernte Elektromonteur auf der Anklagebank. Das Reden überließ er am ersten Prozesstag seinem Verteidiger. „Herr D. geht davon aus, dass er für den Tod seiner Ehefrau verantwortlich ist“, hieß es in der Erklärung.

Der Angeklagte war in jener Nacht in „Clärchens Ballhaus“. Dort hatte er schon mehrfach Frauenbekanntschaften gesucht und gefunden. In jener Nacht habe er viel Bacardi, Sekt und Champagner getrunken, sagte der Verteidiger. An das, was nach dem Verlassen des Tanzlokals geschah, könne sich Klaus D. nicht mehr erinnern. Er sei gegen zehn Uhr am Vormittag aufgewacht. „Er wollte sich wie immer um seine kranke Frau kümmern, sah Blut an seinen Händen.“ Panisch habe er sich ans Aufräumen gemacht und dann die Polizei angerufen. Den Beamten gestand er: „Ich habe meine Frau misshandelt.“

Die 61-jährige Renate D. litt seit sieben Jahren an einer Nervenkrankheit. Zuletzt hatte sich ihr Zustand rapide verschlechtert. Sie war erblindet, konnte sich kaum bewegen und musste über eine Magensonde ernährt werden. Sie war auf Klaus D., der professionelle Unterstützung bei der Pflege abgelehnt hatte, angewiesen. Wenn alle drei Wochen die Ärztin kam, gab es keine Beanstandungen.

„Objektiv war Herr D. überfordert“, schätzte der Verteidiger ein. Zudem habe es Probleme mit dem Vermieter und einer anderen Frau gegeben. Bis ein Jahr vor der Tat habe Klaus D. nur für seine Ehefrau gelebt. Wollte er ausbrechen und schlug deshalb zu? „Dafür gibt es keine Anhaltspunkte“, sagte der Anwalt. Die beiden Söhne verweigerten vor Gericht die Aussage. Sie sollen schon vor Jahren den Kontakt zu den Eltern abgebrochen haben. Der Prozess wird Donnerstag fortgesetzt.

Kerstin Gehrke

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