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Berlin: Viele Tulpen für die Kinder

Eltern und Schüler sammeln für marode Schulen

Am Valentinstag ging Tamara Simunovic auf die Straße – für ihre Schule. Die 34-Jährige ist Elternvertreterin am Paulsen-Gymnasium in Steglitz. Seit zehn Uhr morgen stand die Schauspielerin auf dem Walter-Schreiber-Platz und verkaufte mit drei anderen Elternvertretern rund 600 Tulpen. Kurz vor 14 Uhr waren fast alle Blumen weg – und die Initiative hatte 200 Euro eingenommen.

Schüler und Eltern sammelten an über 50 Orten in der Stadt Geld für ihre renovierungsbedürftigen Schulen. Mit der Aktion „Tulpen für Tische“, die gestern zum vierten Mal startete, soll auf die baulichen Missstände und die gravierenden Mängel in der Ausstattung der Schulen aufmerksam gemacht werden. Noch immer gibt es gesperrte Toiletten, defekte Fenster oder undichte Dächer. Über 30 Schulen aus allen Bezirken beteiligen sich an der Aktion, die bis zum Wochenende dauert.

Vom Blumengroßhandel erhalten die Schulen für je zehn Cent pro Stück bis zu 2000 Tulpen. „Der Blumengroßhandel unterstützt uns mehr als der Senat“, sagt Tamara Simunovic.„Am besten lief der Verkauf, als die Schüler da waren“, sagte Simunovic. Die Oberstufenschüler bekamen zur Unterstützung der Aktion eine Stunde schulfrei. „Viele waren berührt oder empört darüber, dass die Schüler Geld für die Unterhaltung ihrer Schulen sammeln müssen“, berichtete die Mutter, die betonte, dass es bei der Aktion vorrangig darum gehe, „ein Zeichen zu setzen“.

Rund 30 Millionen Euro sind allein für den Instandhaltungsrückstau in Steglitz-Zehlendorf einzuplanen, berichtete Schulstadträtin Anke Otto (Grüne). Damit könne man nur die akuten Mängel, die zur Schließung eines Gebäudes führen, wie etwa Schimmelbefall, beseitigen. „Zur systematischen Renovierung, wie die der Fenster oder Toiletten kommen wir nur selten“, sagte Otto. Gerade einmal acht Millionen Euro erhält der Bezirk im Jahr 2008 zur baulichen Unterhaltung. Der Sanierungsbedarf aller Berliner Schulgebäude wird vom Landesrechnungshof auf 1,5 Milliarden Euro geschätzt.

Empörend fand es Simunovic, dass es den Schulen sogar noch schwer gemacht wurde, ihre Tulpentische aufzustellen. So wurden 12, 78 Euro für einen Ablehnungsbescheid vom Bezirksamt Mitte fällig, das ihnen keinen Platz vor dem Roten Rathaus geben wollte. Ein Stellplatz für den Tulpenverkauf vor dem Rathaus Schöneberg war auch nicht einfach so zu haben: 40 Euro sollten an das Ordnungsamt gezahlt werden, auf 30 Euro wurde der Betrag reduziert – immer noch zu viel für die Schulen. „Eine Gebühr für die Sondernutzung wird nicht erhoben, aber für die Bearbeitung eines Antrags“, rechtfertigte der zuständige Stadtrat Oliver Schworck die Forderung. „Ich kenne keinen Bezirk außer Tempelhof-Schöneberg, der dafür jemals Gebühren erhoben hat“, hält ihm Regina Hermann von der Tulpen-Aktion entgegen. Franziska Böhl

Franziska Böhl

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