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Berlin: Viktualienmarkt gegen die steinerne Tristesse

Ein Münchener Mythos soll den Walter-Benjamin-Platz beleben

Richtig etabliert hat sich der Walter-Benjamin-Platz in Charlottenburg noch nicht: Gemessen an der Zahl der Geschäfte ist er sogar klar auf dem absteigenden Ast. Seit der Eröffnung der Arkaden vor zweieinhalb Jahren mussten sechs Betreiber aufgeben, die Läden stehen seitdem leer, eine Folge mangelnder Laufkundschaft. Doch der Platz selbst hat sich zuletzt deutlich belebt, und mit einer Anleihe bei einem Münchener Mythos will man auf die Erfolgsstraße: „Viktualienmarkt“ heißt der selbstbewusste, wenn nicht verwegene Versuch, dort ab heute jeden Sonnabend ein hochwertiges Angebot von Lebensmitteln anzubieten.

Motor der Initiative ist Antonio Bragato, der Chef der „Enoiteca Il Calice“ an der nordöstlichen Platz-Ecke. Vor einem Monat hat er bereits einen Kiosk vor seinem Restaurant aufgestellt und bietet dort Sandwichs, Eis und Kaffee an. Die Resonanz sei „noch nicht zufriedenstellend“, sagt er, aber immerhin sei der Platz belebt. Viele Klappstühle erlauben es jetzt jedem Passanten, sich irgendwo hinzusetzen, auch wenn er nichts trinken oder essen will. Das Bezirksamt unterstützt diese Initiative nach Kräften, wie die Architektin Barbara Tyrra bestätigt, die als Projektleiterin für das Büro Kollhoff arbeitet: „Mit den Behörden haben wir es viel einfacher als mit den Anwohnern.“ Das leidige Problem des Kneipenlärms spielt auch hier eine Rolle, aber die Konflikte scheinen nicht so gravierend zu sein wie anderswo.

Die anderen Ladenbesitzer stehen hinter dieser Initiative und freuen sich über Kiosk und Markt - wenn es auch manchem in diesem Sommer schon ein wenig zu bunt geworden ist. „Es ist ja schön, wenn der Platz lebt“, sagt Gabriele Schumacher von „Garten-Laube“, „aber wenn dann nackte Kinder vom Brunnen aus durch die Gegend laufen und die Mütter hier vor der Tür ihr Lager aufschlagen, ist das doch ein bisschen viel“. Auch sie hat große Probleme mit dem Mangel an Laufkunden und weist dem Vermieter eine Mitschuld zu. „Es muss doch möglich sein, die Ladenmieten so zu gestalten, dass die vorhandenen Läden auch vermietet werden und so mehr Besucher anziehen“, meint sie. Doch da gebe es bisher keinerlei Bewegung. Auch Bragato klagt darüber, dass die Mieten vor allem Läden des Alltagsbedarfs ausschließen, Fleisch, Gemüse, Wein, „ein Fischgeschäft wäre toll“.

Bragato, der den Platz mit seinen strengen Säulen den „italienischsten Platz Berlins“ nennt, wird nun auch selbst einen Teil des Marktes bestreiten, italienische Antipasti, Austern und Wein anbieten. Die Glienicker „Piazza Italiana“ rückt mit ihrem Pizzabäckerteam an, der renommierte Käsespezialist Philippe Causse wird einen Stand bestücken, der ökologisch orientierte Franziskushof bietet eine Auswahl seiner Produkte - Fleisch, Wurst, Schinken, Konfitüre.

Der Markt wird heute gegen 10 Uhr seinen Betrieb aufnehmen, für 12 Uhr ist die Eröffnung durch Baustadtrat Gröhler geplant. Um 13 Uhr 30 beginnt eine Talkrunde mit Josef Eder, dem Hyatt-Küchenchef, der dann später auch noch ein paar seiner Spezialitäten servieren wird. Das Ende ist für 16 Uhr geplant - aber wer weiß? Auch in München bleiben sie ja manchmal alle etwas länger.

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