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Visa-Prozess: Ehepaar holte hunderte Ukrainer nach Deutschland

Durch fingierte Einladungen haben ein russischer Busunternehmer und seine Frau innerhalb von vier Jahren rund 800 Ukrainern den Aufenthalt in Deutschland ermöglicht. Das Berliner Landgericht verurteilte die Angeklagten zu zwei Jahren Haft auf Bewährung.

Berlin - Die Angeklagten hätten in den Jahren 2000 bis 2004 die damals erleichterten Bedingungen für die Visa-Erteilung durch die deutsche Botschaft in Kiew ausgenutzt, hieß es in der Urteilsbegründung. Der geschätzte Gewinn des Paares in Höhe von rund 45 000 Euro wurde beschlagnahmt. Ein in wenigen Fällen beteiligter Berliner Handelsunternehmer erhielt ein Jahr Haft auf Bewährung.

Die in Berlin lebenden Eheleute und ihr Mitangeklagter im Alter von 39 bis 45 Jahren hatten im Gerichtssaal ein umfassendes Geständnis abgelegt. Die Verteidigung hatte darauf verwiesen, dass die Straftaten in einem politisch begünstigten Klima begangen worden seien. In der deutschen Botschaft in Kiew seien Visaanträge im Zwei- Minuten-Takt bearbeitet worden, so schnell sei keine vernünftige Prüfung möglich.

Dem Gericht lagen keinerlei Erkenntnisse darüber vor, dass es sich bei den nach Deutschland gelotsten Ukrainern um Kriminelle oder Zwangsprostituierte handelte. Möglicherweise hätten sich einige von ihnen als Schwarzarbeiter verdingt, hieß es im Urteil.

Das Verfahren habe die politische Brisanz verloren, sagte der Staatsanwalt am Rande des Prozesses. Der damalige Außenminister Joschka Fischer hatte im April 2005 im Visa-Untersuchungsausschuss die Verantwortung für die Visa-Politik übernommen. Im Oktober 2004 waren die Visa-Regeln verschärft worden. Der Erlass des früheren Staatsministers im Auswärtigen Amt, Ludger Vollmer, aus dem Jahr 2000, im Zweifel für die Reisefreiheit zu entscheiden, wurde aufgehoben.

In einem ersten Visa-Prozess waren ein Berliner Busunternehmer und sein Angestellter im Sommer 2005 zu je 20 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Die von ihnen «eingeladenen» Ukrainer waren als Arbeitskräfte nach Südeuropa gefahren worden. (tso/dpa)

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