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Berlin: Vivantes-Pfleger klagen über Arbeitsbelastung

Klinik-Mitarbeiter sehen Patienten gefährdet. Betriebsrat will über Aufgabenverteilung verhandeln

Stress, Überlastung, wenige Pausen. Die Pfleger des landeseigenen Krankenhauskonzerns Vivantes beschweren sich über stärker werdenden Arbeitsdruck. In einer Umfrage des Betriebsrates hat ein Viertel der Befragten angegeben, wegen Überlastung regelmäßig keine „sichere Pflege“ leisten zu können. Das heißt: Eine Gefährdung der Patienten sei nicht ausgeschlossen. „Bei bettlägerigen Patienten können Druckgeschwüre die Folge sein“, klagt ein Mitarbeiter. Mehr als 80 Prozent der Befragten gaben an, während der Schicht keine ungestörten Pausen nehmen zu können. Fast die Hälfte fühle sich dauerhaft überlastet. Laut der Studie würden 40 Prozent der Kollegen ihren Beruf wechseln. Von den etwa 4000 Vivantes-Pflegern hatten sich mehr als 1000 an der Umfrage beteiligt.

Die Grünen im Abgeordnetenhaus fordern eine Klärung der Vorwürfe. „Die Pfleger sind offenbar überlastet, die Klinikleitung muss untersuchen, woran das liegt“, sagte die gesundheitspolitische Sprecherin Heidi Kosche. In fast allen Berliner Kliniken müssten die Mitarbeiter neben der Pflege zahlreiche zusätzliche Tätigkeiten übernehmen, sagte auch die seniorenpolitische Sprecherin der Grünen, Jasenka Villbrandt: Die Dokumentation der Pflegetätigkeiten und Verwaltungsarbeiten sei zwar unerlässlich. Allerdings brauche man dafür mehr Personal. Knapp 300 Stellen sind seit 2004 im Pflegebereich bei Vivantes abgebaut worden. Die Belastung der Mitarbeiter steige auch dadurch, dass immer mehr Patienten in den Kliniken des Konzerns behandelt werden, erklärten Betriebsrat und Vivantes-Geschäftsführer Joachim Bovelet gestern übereinstimmend.

Die Klinikleitung will die Arbeitssituation demnächst untersuchen. Betriebsrat und Geschäftsführung wollen dann gemeinsam für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen sorgen. „Die Pfleger sollen weniger Verwaltungstätigkeiten übernehmen“, sagte der Betriebsratsvorsitzende Moritz Naujack. Bovelet sprach von teilweise überflüssigen Verwaltungsanforderungen durch die Krankenkassen, die bei der anhaltenden „Unterfinanzierung der Krankenhäuser“ kaum zu bewältigen seien. Künftig sei eventuell der Einsatz von Dokumentationsassistenten notwendig, für die wiederum das Geld fehle. Wegen der Deckelung der Gesundheitskosten hätten bundesweit zahlreiche Kliniken die gleichen Schwierigkeiten bei der Gewährleistung guter Pflege. Hinzu käme für die landeseigenen Berliner Krankenhäuser der Einstellungsstopp der vergangenen Jahre. Erstmals könne man dieses Jahr wieder 40 auszubildende Pfleger übernehmen, teilte die Klinikleitung mit.

Laut einer Studie des Deutschen Instituts für angewandte Pflegeforschung nimmt die Belastung für das Pflegepersonal bundesweit kontinuierlich zu. Wegen des Anstiegs des Arbeitsaufwandes sei zu befürchten, dass sich die Versorgung vieler Patienten verschlechtere. Zu Vivantes gehören neun Krankenhäuser mit 5000 Betten. Rund ein Drittel aller Berliner Patienten werden dort behandelt. Der Konzern beschäftigt 13500 Mitarbeiter. Hannes Heine

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