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Berlin: Vivantes: Senat zahlt Überbrückungsgeld

Liquidität bis Ende des Quartals gesichert. Personal zu Gehaltsverzicht bereit. Gewerkschaft spricht von Erpressung

Berlin kommt dem landeseigenen Klinikkonzern Vivantes ein kleines Stück entgegen. Wie berichtet, steht das Unternehmen kurz vor der Insolvenz. Deshalb stundet das Land dem Konzern die Zinszahlungen für die Altschulden, die 190 Millionen Euro betragen. Das teilte Gesundheitssenatorin Heidi Knake-Werner (PDS) gestern im Gesundheitsausschuss des Abgeordnetenhauses mit. Dem Vernehmen nach betragen die Zinsen zehn Millionen Euro pro Jahr. Außerdem will das Parlament in der kommenden Woche die letzte Tranche des 230 Millionen Euro umfassenden Kreditrahmens in Höhe von 13 Millionen Euro freigeben. Sie reicht bis zum Ende des ersten Quartals. Spätestens dann muss der Senat über eine Aufstockung des Kredits entscheiden.

Eine weitere Entlastung des in eine dramatische Schieflage geratenen Vivantes-Haushalts kommt von den 14 000 Beschäftigten. Nachdem am Wochenende schon die Betriebsratsleitung grundsätzlich die Bereitschaft der Mitarbeiter signalisierte, unter bestimmten Bedingungen einmalig auf das Urlaubs- und Weihnachtsgeld zu verzichten, stellte sich am Mittwochabend der gesamte 71-köpfige Betriebsrat hinter dieses Angebot. Nach Angaben der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi könnten die Verhandlungen über einen zeitlich begrenzten „Notlagentarifvertrag“ für das finanziell angeschlagene Unternehmen spätestens im März beginnen. Allerdings müssten dem zuvor die Verdi-Mitglieder im Konzern zustimmen.

Durch diesen Verzicht auf Teile des Lohns könnte Vivantes 34 Millionen Euro bei den Personalkosten sparen. Die Geschäftsführung möchte eine Laufzeit des Nottarifes bis mindestens 2007 durchsetzen. Und auch Betriebsratschef Volker Gernhardt schließt nicht mehr aus, dass die Notvereinbarung länger als ein Jahr gültig sein könnte. „Doch dann behalten wir uns eine Prüfung vor, ob sich das wirklich lohnt.“

Wie die Geschäftsführung sieht auch der Betriebsrat bei Vivantes ein Sparpotenzial von jährlich 60 Millionen Euro. „Dazu hat die Unternehmensleitung die Kosten mit dem Bundesdurchschnitt der Klinikkosten verglichen. Vivantes liegt mit insgesamt 150 Millionen Euro darüber“, sagt Gernhardt. Doch sei dieses theoretische Potenzial bei weitem nicht voll auszuschöpfen. Und auch die möglichen 60 Millionen Euro seien erst ab 2007 einzusparen.

Die Bereitschaft der Beschäftigten, über einen Gehaltsverzicht zu verhandeln, kam durch den Druck des Senats zustande. Heike Spies, Fachbereichsleiterin Krankenhäuser bei Verdi Berlin, kritisiert denn auch die Insolvenzdrohung, mit der Finanzsenator Thilo Sarrazin das Personal „erpresst“ habe. „Die Mitarbeiter haben bereits massiv zur Sanierung des Unternehmens beigetragen.“ 1400 Arbeitsplätze sind seit Vivantes-Gründung 2001 verloren gegangen, wodurch der Konzern seine Personalkosten um 98 Millionen Euro senken konnte.

Doch eine Insolvenz sei noch schlimmer. Denn in diesem Falle sei der am öffentlichen Dienst orientierte Tarifvertrag hinfällig. „Der Insolvenzverwalter hat das Recht, Mitarbeiter zu entlassen.“ Und die Kündigungsfrist betrage dann maximal drei Monate.

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